
Roboterarme montieren präzise Komponenten in der hochautomatisierten Fertigungslinie des BMW Werks Landshut. (Bild: BMW)
BMW treibt im Werk Landshut die Digitalisierung seiner Komponentenfertigung voran. Mit KI-gesteuerter Qualitätskontrolle, vernetzten Prozessen und einem eigenen AI Lab solle der Standort zur digitalen Speerspitze im internen Produktionsnetzwerk werden. „Wir setzen technischen Fortschritt nicht nur um, sondern gestalten ihn aktiv mit, um unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Hinter jedem digitalen Auto muss auch eine digitale Fabrik stehen", so Standortleiter Thomas Thym. Er sieht seinen niederbayerischen Standort dabei als aktiver Mitgestalter des technischen Fortschritts. Vom KI-gestützten Datenmonitoring über automatisierte Prüfprozesse bis hin zu autonomen Transportsystemen – das Werk Landshut zeige, wie moderne Fertigungstechnologien heute in Serie gingen.
Ein Herzstück der neuen digitalen Fertigung ist die intelligente Qualitätskontrolle. In der Cockpitproduktion prüfen Kamerasysteme rund 50 Merkmale in 30 Sekunden – bevor autonome Fahrzeuge die Bauteile eigenständig verpacken und zur nächsten Station bringen. In der Gießerei kommen computertomografische Inline-Prüfungen zum Einsatz: Jedes E-Motorengehäuse wird in 42 Sekunden automatisiert durchleuchtet. Die Analyse erfolgt mittels künstlicher Intelligenz und wird vollständig in die Taktung des Produktionsprozesses integriert.
Einheitliche IT für 30 Standorte
Mit dem konzernweiten Transformationsprogramm Shopfloor.Digital verfolgt BMW das Ziel, weltweit einheitliche, cloudbasierte IT-Strukturen zu etablieren. Landshut spielt hier als Komponentenwerk eine Schlüsselrolle. Prozesse sollen harmonisiert, Abläufe über automatisierte Systeme und KI kontinuierlich optimiert werden. „Wir nutzen die gewonnene Datenvielfalt gezielt, um Abläufe effizienter zu gestalten“, erläutert Franz Heigl, zuständig für die Digitalisierung der Komponentenfertigung. Auch Lean-Management-Instrumentewurden digital erweitert: Störprozesse, Prozesstafeln und Führungstools sind nun Teil einer systemgestützten, transparenten Prozesslandschaft.
Die Digitalisierung macht auch vor der Intralogistik nicht halt. Sensoren, Echtzeitdaten und automatisierte Materialflüsse sollen helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Ressourcen effizienter einzusetzen. Ein Beispiel ist die Fertigung des sogenannten BMW Energy Master – der zentralen Steuereinheit der Hochvoltbatterie. Er wird künftig weltweit an die Batterie-Montagestandorte des Konzerns geliefert.
AI Lab: Digitalisierung zum Anfassen
Im neu geschaffenen AI Lab erproben Mitarbeitende des Werks praxisnah verschiedene KI-Anwendungen. Mit Low-Code-Plattformen wie PowerApps können auch ohne Programmierkenntnisse digitale Lösungen entwickelt werden. Das System AIQX (Artificial Intelligence Quality Next) unterstützt dabei die Automatisierung der Qualitätssicherung direkt in der Produktion. Auch das Zusammenspiel mit Lieferanten wird digital neu gedacht. Im Schulungscampus ZDSC vermittelt BMW digitale Produktionsstandards und Shopfloor-Management, um gemeinsam ein „Zero-Defect“-System zu etablieren.
Parallel testet BMW im Rahmen des Datenökosystems Catena-X die CO₂-Bilanzierung in der Fertigung – etwa bei der ikonischen Niere des BMW iX. Ziel ist eine vollständige Datenerhebung über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Standort Landshut im Wandel
Bereits seit mehreren Jahren investiert BMW massiv in den Standort Landshut – allein rund 500 Millionen Euro für den Ausbau der Elektromobilität. Mit dem neuen Produktionsbereich für das E-Motorengehäuse der Neuen Klasse wurde ein weiterer Meilenstein gesetzt. Das eigens entwickelte Injector Casting-Verfahren soll dabei nicht nur Taktzeiten und Energieverbrauch senken, sondern auch die mechanischen Eigenschaften verbessern. Neben Aluminium-Gusskomponenten für E-Antriebe produziert das Werk auch Kunststoffteile für das Exterieur, Cockpits, Gelenkwellen und CFK-Komponenten. 2023 wurden rund 3,6 Millionen Gussbauteile gefertigt. Die hohe Fertigungstiefe erfordert zugleich kontinuierliche Weiterqualifizierung – weshalb das Werk auf Umschulungen und duale Studiengänge setzt. Mit dem Schulterschluss aus Digitalisierung, Automatisierung und Qualifizierung präsentiert sieht sich das BMW-Werk Landshut selbst als Vorreiter in der industriellen Transformation.