Hätte BMW beim Design des neuen 3ers noch mutiger sein sollen oder hat man sich schon genug aus dem Fenster gelehnt? Zumindest kann man dem Designteam unter Adrian van Hooydonk nicht vorwerfen, dass man bei der Neuauflage überhaupt nichts riskiert hätte. Trotz der gewachsenen Abmessungen (Längenplus 7,5 cm auf 4,71 m) sind die Proportionen des G20 nahezu gleich geblieben. Front und Heck wurden nennenswert geschärft und das Kernmodell der Bayern ist auf den ersten Blick als neuer Dreier zu erkennen. Innen sind die Displays ähnlich gewachsen wie das Raumangebot und es geht wertiger zu, doch lässt das Interieur einen wirklich großen Schritt in Sachen Bedienung der Zukunft vermissen.
Wer in Europa an einen BMW Dreier denkt, dem kommt neben dem imageträchtigen Sportmodell M3 wohl in erster Linie der 320d in den Sinn. Der Selbstzünder ist allen Diesel-Unkenrufen zum Trotz nach wie vor die perfekte Motorisierung für den Dreier. Diese Rolle könnte an sich auch dem betont sportlich positionierten 330i zukommen, doch nach wie vor verzichtet BMW hier auf die Rückkehr zu einem emotionalen Reihensechszylinder, der ausschließlich dem erste Ende 2019 nachziehenden M 340i und dem 330d vorbehalten bleibt. So glänzt der 258 PS starken Vierzylinder-Turbo des BMW 330i zwar mit sehr guten Fahrleistungen; lässt in Sachen Fahrvergnügen und insbesondere Akustik jedoch einige Wünsche offen.
Daher ist der BMW 320d, der in seiner neuesten Version eine nahezu perfekte Symbiose aus Effizienz und Fahrspaß bietet, bei der Suche nach dem rechten 3er BMW aktuell die beste Wahl. 140 kW / 190 PS und 400 Nm maximales Drehmoment zwischen 1.750 und 2.500 U/min sorgen für exzellente Fahrleistungen. 0 auf Tempo 100 beschleunigt die 4,71 Meter lange Limousine in 7,1 Sekunden; mit der empfehlenswerten Achtgang-Automatik sind es nur 6,8 Sekunden. Beide Versionen schaffen 240 km/h Spitze und verbrauchen im Normzyklus 4,2 bis 4,4 Liter Diesel auf 100 Kilometern (110 – 115 g CO2) – das sind exzellente Werte. Selbst wer es fliegen lässt, verbraucht unter sieben Litern Diesel. Und falls jemand noch mehr Dieseldampf unter der Haube will, steigt in der 330d, der 265 PS / 580 Nm bietet und in der Realität kaum mehr verbraucht.
Bitter allein, dass der Tank des neuen BMW 320d gerade einmal 40 Liter schluckt, denn mit den übliche 55 bis 60 Litern müsste man noch seltener an die Tankstelle. Das Tankvolumen ist selbst beim ebenfalls verfügbaren Allradmodell des 320d xDrive nicht größer, der als obligatorisches Automatikmodell allerdings auch kaum mehr verbraucht (4,5 Liter). Jos van As, Leiter Applikation Fahrdynamik im Hause BMW: „Die Gewichtsverteilung liegt wie es sich bei uns gehört, bei 50:50 und der neuen Dreier ist je nach Modell 55 Kilogramm leichter geworden.“
Gerade bei höheren Tempi macht sich schnell das deutlich verbesserte Geräuschniveau des Mittelklassemodells bemerkbar. Neben neuer Dämmungen des Motorraums verfügt der Dreier erstmals über Dämmglas (Frontscheibe serienmäßig, Seitenscheiben optional), was das Geräuschniveau im Innenraum deutlich senkt. Überhaupt kann sich der Langstreckenkomfort des 320d allemal sehen lassen. Die Sitze sind in der Sportversion gewohnt gut, das Platzangebot hinten hat sich verbessert und der 480 Liter große Laderaum lässt sich durch Umklappen der 40:20:40 teilbaren Rückbank nochmals nennenswert vergrößern. Endlich gibt es auch bei der Limousine eine elektrische Heckklappe (490 Euro).
Neu sind die gegenläufig angeordneten Skalen für Tacho und Drehzahlmesser, deren Felder sich animiert unterschiedlich bespielen lassen. Blasser sieht es rechts vom Fahrer aus, denn die Mittelkonsole präsentiert sich wertig und aufgeräumt, doch für ein Fahrzeug, das je nach Karosserievariante einen Lebenszyklus von mindestens sieben Jahren haben dürfte, ist der Sprung in die Zukunft kaum groß genug. Die Bedienung der verschiedenen Fahrzeugfunktionen ist per Lenkrad, Sprache (auch Freieingabe per Sprachbefehl „Hey BMW“), Geste, Touchdisplay oder Dreh-Drücksteller möglich. Nur gegen Aufpreis gibt es die 12,3 Zoll große Instrumentenkombination und das ohnehin alles andere als opulente 10,25-Zoll-Controldisplay für Navigation, Musik und die anderen Funktionen.
Den größten Sprung hat der neue BMW 320d beim Fahrwerk gemacht, denn der Viertürer fährt sich nicht nur sportlicher, straffer und direkter sondern auch entspannter und komfortabler. „Wir haben die Steifigkeit an verschiedenen Verankerungspunkten um bis zu 50 Prozent erhöht“, erklärt Fahrwerksentwickler, Robert Rothmiller, „dadurch konnten steifere Gummibuchsen verwendet werden, ohne den Komfort zu beeinträchtigen. Den großen Sprung machten wir natürlich mit den neuen hydraulischen Stoßdämpfern, die wir zum ersten Mal verwendeten.“ So federt der über 1,5 Tonnen schwere Viertürer angenehm stramm an ohne nervös oder gar hart zu wirken. Unverändert klasse: die präzise Lenkung. Wenig passend erscheint da, dass der neue Dreier als 320d serienmäßig auf müden 16-Zöllern mit 205er-Reifen rollt. Bereits die 19-Zöller wirken auf dem neuen Modell alles andere als überproportioniert.
Der Basispreis für den mäßig ausgestatteten BMW 320d liegt bei 40.450 Euro. So gibt es zwar LED-Scheinwerfer, eine Ein-Zonen-Klimaautomatik und ein Basispaket an Fahrerassistenzsystemen, jedoch drücken Selbstverständlichkeiten wie Nebelscheinwerfer, Navigationssystem, Sitzheizung, 17-/18-Zoll-Räder oder eine Mehr-Zonen-Klimaautomatik den Preis deutlich nach oben. Am besten man bedient sich bei den verschiedenen Ausstattungspaketen und ergänzt diese aus der langen Aufpreisliste. Ein sinnvoll ausgestatteter BMW 320d wird nicht unter 50.000 Euro zu bekommen sein.