Zunächst einmal ziehen wir den Hut. Der Name "Mustang Mach-E" ist ein kluges Marketing-Konstrukt, das die Sportwagen-Legende mit einer modernen, weil elektronischen Überschallgeschwindigkeit koppelt. So etwas schmeißt das Kopfkino der Bleifuß-Fraktion natürlich an, die sich schon in bester Fast-and-Furios-Manier über die Straßen fliegen sieht. Allerdings ist der Mustang Mach-E kein hochgezüchteter Sportwagen mit Lachgas-Einspritzung, sondern ein 2,2 Tonnen schweres Crossover mit immerhin 258 kW / 346 PS; Allradantrieb und einer 98,7-Kilowattstunden-Batterie (88 kWh netto), die für eine WLTP-Reichweite von 540 Kilometern reicht.
Für das Entern des Mustang Mach-E reicht ein Smartphone, das sich per Bluetooth beim Auto identifiziert. Im Cockpit strahlt uns ein 15,5 Zoll großes Tablet entgegen, das als Kommandozentrale des Infotainments dient. Klar, Tesla und das Model Y lassen grüßen und geben in dieser Kategorie im Heimatland des Elektro-Fords die Unterhaltungsschlagzahl vor. Für Ford ist der große Flachbildschirm ein deutlicher Schritt vorwärts, vor allem, wenn man an die Infotainmentversuche der Vergangenheit denkt. Das Bedienkonzept orientiert sich dann auch ganz deutlich an Elon Musks Produkten und geht recht einfach von der Hand. Bei der Entwicklung des Mustang Mach-E war das Edison-Team aus Detroit federführend. Das E-SUV steht auf einer dezidierten Elektroplattform (E 1) und wurde an die europäischen Verhältnisse angepasst.
Die hiesigen Ford-Techniker haben sich einen guten Namen gemacht, indem sie die amerikanischen Fahrwerke erfolgreich auf europäische Anforderungen getrimmt haben. So auch beim Mustang Mach-E. Unter anderem haben sich die Techniker die Stoßdämpfer, Federn, die Lager sowie das ESP vorgenommen. Außerdem reizt man hierzulande auch mal die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h aus. Sobald man sich dieser nähert, bleibt der Mustang Mach-E aber sehr spurstabil und auch die Geräuschkulisse im Innenraum bleibt gesittet. Ganz kann das US-Wildpferd aber seine komfortable Grundauslegung nicht verhehlen, was aber bei schlechten Straßen kein Nachteil ist.
Strategische Entscheidungen
Wenn es um Richtungswechsel geht, sollen dünnere Stabilisatoren in der Europa-Version an der Vorderachse für mehr Traktion sorgen, was durchaus Sinn ergibt, da Allradler gerne zum Untersteuern neigen. Das haben die Fahrwerksexperten dem Mach-E fast völlig ausgetrieben. Das ist das Resultat des Zusammenspiels der beiden Motoren - einem an der Vorderachse und einem hinten. Wie sich die erwähnte Systemleistung von 258 kW / 346 PS genau zusammensetzt, daraus macht Ford ein großes Geheimnis. "Die strategische Entscheidung von Ford ist, die Leistung des Mach-E nur im Gesamten zu veröffentlichen, weil manchmal die Leistung durch den Motor begrenzt ist und manchmal durch die Batterie", lässt der Autobauer verlauten. Wir können die Geheimniskrämerei nicht nachvollziehen und gehen von einer Kombination von rund 60 kW / 82 PS vorne und 200 kW / 272 PS hinten aus. Das Elektro-Duo wuchtet den Crossover in 5,8 Sekunden von null auf 100 km/h und hört von der Elektronik eingebremst bei 180 km/h auf zu galoppieren. Die Dynamikkomposition funktioniert prächtig. Das bekannte Torque Vectoring Control-System an der Vorderachse unterstützt das Einlenken mit gezielten Bremseingriffen.
Wenn man das Gaspedal im Zusammenspiel mit der guten Lenkung, die sich durch rege Kommunikationsfreude bezüglich des Traktions- und Radwinkels beteiligt, gefühlvoll einsetzt, carvt der Mach-E unterstützt von einem engagierten Heck entlang der Traktionsgrenze um die Ecken. Wird der Fahrer zu übermütig, fängt das fein regelnde ESP das wedelnde Hinterteil wieder ein. Die grundlegende Kraftverteilung ist 30 Prozent vorne und 70 Prozent hinten. Doch das ändert sich mit den sportlichen Ambitionen des Piloten. "Je dynamischer der Fahrmodus, umso hecklastiger ist die Auslegung des Antriebsstrangs", verdeutlicht Geert van Noyen die Philosophie des Mustang Mach-E. Der Verbrauch hält sich laut Ford mit 18,7 kWh/100 km in Grenzen. In wieweit sich dieser Wert auch im Alltag verifizieren lässt, wird ein ausgiebiger Test zeigen.
Laden bis 150 kW
Die Namen der Fahrprogramme orientieren sich an den Wildpferden und sind einmal mehr ein Wortschöpfungs-Highlight der Poeten aus Dearborn (Michigan): aktiv, zahm und temperamentvoll. Wir hätten uns einen Individual-Modus gewünscht, bei dem man selbst einige Parameter konfigurieren kann, allerdings sucht man diesen im Ford Mustang Mach-E vergebens. "Das ist eine strategische Entscheidung von Ford", führt Entwickler Matthias Tonn die bekannte Erklärung an. Allerdings verwundert uns, dass die drei Fahrmodi nur in der Mittelkonsole und nicht am Lenkrad aktiviert werden können. Die stärkere Rekuperation wird per Display aktiviert und passt gut zum Ford Mach-E. Gleiches gilt für das simulierte Motorgeräusch, dass sich den Fahrmodi anpasst und nicht aufdringlich durch den Innenraum wabert.
Je nach Fahrweise leeren sich die Akkus mehr oder weniger schnell. An einer 11-Kilowatt-Wallbox dauert es 7,2 Stunden, ehe die großen Batterien wieder voll sind, nutzt man die maximale Ladekapazität von 150 kW an einem Gleichstrom-Schnelllader, sind die Akkus nach 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt. Bei den Assistenzsystemen lässt sich Ford ebenfalls nicht lumpen und bietet unter dem Sammelbegriff "Ford Co-Pilot360" verschiedene Funktionen, die den Fahrer unterstützen. Darunter einen adaptiven Tempomaten inklusive Stop-and-Go-Funktion, einen Spurhalte-Assistenten und eine 360-Grad-Kamera.
Vorne geht es in dem 4,71 Meter langen Elektro-SUV gemütlich zu, in der zweiten Reihe wird es aufgrund des abfallenden Daches dann schon enger, aber nicht bedrückend. Der Kofferraum hat ein Volumen von 402 Litern, legt man die Lehnen der Rückbank um, wächst das Fassungsvermögen auf 1.420 Liter. Unter dem Ladeboden befinden sich die Fächer für die beiden serienmäßigen Ladekabel, aber ein Mangel an Stauraum herrscht beim Mach-E nicht, da es unter der Haube vorne noch ein extra Fach gibt, in das 100 Liter passen. Anfang des Jahres steht der Ford Mustang Mach-E beim Händler und kostet mit Heckantrieb, 75-kWh-Batterie und 198 kW / 269 PS mindestens 46.900 Euro. Die Variante mit Allradantrieb, den 99 kWh-Akkus und 258 kW / 346 PS ist ab 62.900 Euro zu haben.