Potz Blitz! Das ist mal eine klare Ansage! "Wir wollen mit dem Insignia Grand Sport auch die Premiumfahrzeuge herausfordern", verkündet Opel-Marketingmann Albrecht Schäfer mit stolzgeschwellter Brust. Als wenn das Ringen mit dem VW Passat, dem Skoda Superb oder dem Ford Mondeo um Marktanteile im Mittelklasse-Segment nicht schon schwer genug wäre, will der Rüsselsheimer Autobauer mit der zweiten Generation des Insignia jetzt also auch den deutschen Platzhirschen Audi A4, Mercedes C-Klasse und vor allem dem BMW 3er ans Leder. Ambitionierte Ziele, aber sind die auch realistisch?
Optisch wird das neue Opel Flaggschiff dem überflüssigen Namensannex "Grand Sport" durchaus gerecht. Das Design des Insignia hat viel von einem Coupé und muss sich hinter einem Passat CC oder einem Audi 7 nicht verstecken, ganz zu schweigen von einem Mazda 6, Skoda Superb oder Ford Mondeo. Doch die entscheidende Frage ist: Folgt dem schönen Schein auch echtes Sein? Sobald man hinter dem Lenkrad des Insigina Platz genommen hat, beschleichen einen leichte Zweifel.
Die neuesten AGR-Sitze sind bequem und genügen definitiv hohen Ansprüchen. Die Verarbeitung des Interieurs ist durchaus solide, aber erreicht keinesfalls Premiumniveau. Die Hartplastik-Blinker- und Scheibenwischerhebel sind eher was für Astra-Nostalgiker und auch nicht jeder Schalter ist über jegliche Material-Kritik erhaben. Dass der Infotainmentbildschirm mit maximal acht Zoll nicht das größte Format hat, und die graphische Darstellung auch nicht auf dem neuesten Stand ist, macht dem neuen Opel im Haifischbecken der Mittelklasse das Leben nicht einfacher.
Der Insiginia steht auf der neuen GM E2-Plattform. Das macht sich nicht nur bei der Technik bemerkbar, sondern auch beim Gewicht. Da unterbietet der Neue seinen Vorgänger um bis zu 175 Kilogramm und wiegt jetzt knapp 1.5 Tonnen. Das bedeutet, dass die Motoren jetzt pro PS ein Kilo weniger bewegen müssen als bisher. Das wirkt sich positiv auf die Fahrdynamik aus: Der quirlige 1.5 Liter Turbobenziner mit 121 kW / 165 PS und einem maximalen von 250 Newtonmetern kommt mit dem Insignia gut zurecht, nur wenn er härter rangenommen wird, macht er seinem Unmut ab etwa 3.500 U/min mit einem genervten Knurren Luft.
Auch bei der Fahrdynamik ist der Fortschritt unverkennbar: Gutmütig zieht der Astra seine Bahn und lässt sich auch bei engen Kurven nicht vorschnell aus der Ruhe bringen. Die Lenkung ist deutlich präziser als bisher und meldet eifrig den Zustand des Straßenbelags. Nur wenn man es mit der Slalomfreude etwas übertreibt, kann der Frontriebler nicht aus seiner Haut und schiebt berechenbar über die Vorderräder. Das serienmäßige Stahlfahrwerk erledigt ebenfalls einen guten Job, könnte aber etwas komfortabler sein. Adaptiver Dämpfer sind allerdings nur für die größeren Diesel und den Top-Benziner erhältlich.
Genug Platz
Die Fahrleistungen sind in Ordnung, aber Bäume reißt das 1,5-Liter Aggregat nicht aus: Nach 8,9 Sekunden erreicht der Insignia Landstraßentempo, rennt weiter bis 222 km/h und verbraucht sechs Liter pro 100 Kilometer. Wem das alles nicht reicht, greift zum aufgeladenen 2.0 Liter-Benziner mit 191 kW / 260 PS und einem maximalen Drehmoment von 400 Nm. Der hat dann auch Allradantrieb, Torque Vectoring und eine moderne Achtgang-Automatik, während der kleine Bruder sich mit sechs Fahrstufen zufriedengeben muss - egal ob automatisiert oder manuell.
Platz ist im Opel Insignia dank der Länge von 4,90 auch hinten genug. Erst ab einer Körpergröße von 1,90 Metern wird es um den Kopf herum eng - ein Tribut an die schnittige abfallende Dachlinie. Trotz aller Bemühungen der Ingenieure sitzt der Fahrer immer noch einen Schuss zu hoch. Der Kofferraum fasst mit einem Volumen 490 bis 1.450 Litern gut 130 Liter mehr als der des Vorgängers. Dass die Ladefläche bei umgelegten Rücksitzlehnen eben ist, gefällt, weniger allerdings die recht hohe Ladekante.
Bei der Ausstattung schlägt die große Stunde des Insginia: Für einen Basispreis von 25.940 Euro sind unter anderem Keyless Go, ein Frontkollsionswarner mit Fußgängererkennung und automatischer City-Gefahrenbremsung sowie ein Spurhalte-Assistent ab Werk verbaut. Das spielt der Opel in seinem Segment vorne mit. Zum Vergleich beim BMW 3er geht es bei 30.900 Euro los, der VW Passat ist ab 26.750 Euro zu haben, der Skoda Superb ab 25.750 Euro und der Ford Mondeo ab 25.990 Euro. Bei der gefahrenen Business-Innovation-Ausstattung (ab 30.790 Euro) sind unter anderem der OnStar-Service (der Concierge bucht jetzt auch Hotels und hilft bei der Parkplatzsuche), ein verbessertes LED-Matrix-Licht, ein Head-Up-Display, ein adaptiver Tempomat mit Notbremsassistenten, einen Spurhalte-Assistent mit automatischer Lenkkorrektur serienmäßig.
Damit es die Passagiere genauso wohlig, wie die Personen vorne haben, werden beide hinteren Plätze ebenfalls beheizt und Lederbezüge sorgen für Bequemlichkeit. Gegen Aufpreis gibt es dann solche Extras, wie eine 360-Grad-Kamera mit Warnung vor Querverkehr beim Zurücksetzen. Aller Voraussicht nach wird so aus dem Insignia kein Premium-Killer, doch ein gutes Angebot ist er allemal - vor allem, weil er ein solides Auto ohne große Schwächen ist. Ab 24. Juni steht der Opel Insignia beim Händler.