Der E-Megane wirkt mit seinem leichten Crossover-Touch modern

Zwar wirkt der E-Megane mit seinem leichten Crossover-Touch modern, zugleich bleibt er dem Stil der Marke treu, den zurzeit auch die konventionellen Renault-Modelle tragen. (Bild: Renault)

Was Renault mit dem Megane nur ganz selten gelungen ist, soll nun mit dem Elektro-Ableger des Kompaktmodells umso besser klappen: Die Konkurrenz aus Wolfsburg bei den Absatzzahlen zu überholen. War bisher der VW Golf der Maßstab für die Franzosen, ist es im E-Zeitalter der VW ID.3. Und der muss tatsächlich zittern.

Anders als es der Name nahelegt, hat der Megane E-Tech Electric mit dem Benzin- und Diesel-Megane nicht mehr als den Namen und die Zugehörigkeit zur Kompaktklasse gemein. Während VW seine E-Mobil-Familie bis in die Terminologie komplett neu erfunden hat, hält Renault demonstrativ am Bewährten fest. So wirkt die Karosserie mit ihrem leichten Crossover-Touch zwar modern, bleibt aber dem Stil der Marke treu, den zurzeit auch die konventionellen Renault-Modelle tragen. Dass ein E-Motor unter der Fronthaube arbeitet, ist höchstens an Details wie den fehlenden Endrohren zu erahnen. Selbst der Kühlergrill könnte mit seinen Luftöffnungen in ähnlicher Form an einem Benziner oder Diesel prangen.

Das Bediensystem des Renault überholt den VW ID.3 locker

Futuristischer geht es im Innenraum zu. Den dominiert ein Bildschirm-Duo, dessen horizontaler Part hinter dem Lenkrad die Aufgaben der Instrumente übernimmt. Quasi direkt daran schließt ein zweites Display im klassischen Hochformat an, auf dem die üblichen Touchscreen-Funktionen laufen. Das Ganze sieht nicht nur modern aus, sondern lässt sich auch außergewöhnlich gut, sehr schnell und flüssig bedienen, was zum einen an der offenbar leistungsfähigen Hardware liegt, zum anderen an der Software auf Android-Basis. Vor allem das "Google Maps"-Navigationssystem und die vom gleichen Konzern stammende Sprachbedienung sind in dieser Qualität außer bei Premiummarken nicht zu haben. Das zum Start noch nicht ausgereifte System des ID.3 zumindest überholt Renault locker.

Besonders gut gefällt, dass die Routenberechnung den Füllstand des Akkus berücksichtigt und geeignete Ladepunkte vorschlägt – eine Funktion, die unbegreiflicher Weise alles andere als Standard bei den Infotainmentsystemen von E-Autos ist. Renault übertreibt es aber nicht mit der Digitalisierung, sondern hält für Klimaanlage und Lautstärkenregelung auch noch analoge Schalter vor.

Schwächen zeigt der Innenraum des Elektro-Megane eher in den klassischen Disziplinen: Geht das Raumgefühl vorne trotz der vergleichsweise hohen Schulterlinie noch in Ordnung, fühlt man sich im Fond hinter schmalen Fenstern und dicken Säulen ein wenig beengt. Großgewachsene kommen zudem schnell in Kontakt mit dem niedrigen Dach. Auch der Kofferraum macht Zugeständnisse an das gefällige Karosseriedesign, ist mit seiner hohen Ladekante und der schmalen Öffnung schwierig zu beladen.

Komplett überzeugend ist der Renault hingegen auf der Straße. Mit der schweren Batterie liegt er satt auf dem Asphalt, hält stoisch die Spur und durcheilt auch schnelle Kurven ohne größere Karosseriebewegungen. Federn und Dämpfer sind dabei grundsätzlich komfortabel ausgelegt, die Lenkung bleibt wie von der Marke gewohnt etwas indirekt. Die üppigen 160 kW/218 PS Leistung des Frontmotors wollen daher in der Praxis weniger für die sportliche Kurvenhatz, sondern eher für das souveräne Reisen genutzt werden. Dabei hilft auch die üppige Praxisreichweite von gut 400 Kilometern (Herstellerangabe: 450 Kilometer), die Renault aus einer nicht übermäßig großen Batterie (60 kWh) generiert. Hier dürfte die Erfahrung eine Rolle spielen, die die Franzosen mit dem Elektro-Klassiker Zoe gesammelt haben. Der Mégane ist mit einem Praxisverbrauch von gut 16 kWh (ohne Ladeverluste) zumindest kaum stromdurstiger als der Kleinwagen.

Bei der Ladetechnik hat Renault die zu Markteinführung noch sehr verwirrende Ausstattungs- und Preisstruktur deutlich geglättet. War das Basismodell zunächst durch den unterdimensionierten Bordlader und den fehlenden CCS-Anschluss ein echter Schnarcher an der Steckdose, so sind nun nur noch vertretbar flotte Ausführungen zu haben. Mindeststandard ist ein 22-kW-Bordlader für Wallbox und Normalladesäule, der beim Modell mit der großen Batterie eine Vollladung in gut drei Stunden erlaubt. Am DC-Kabel saugt der Renault mit mindestens 85 kW, optional mit 130 kW, so dass im Idealfall nach 42 Minuten wieder 80 Prozent der Nennkapazität im Speicher sind.

Der zum Marktstart Anfang des Jahres versprochene Basispreis von 35.200 Euro ist so natürlich nicht zu halten. Stattdessen werden für das Modell mit der kleinen 40-kWh-Batterie (Reichweite 300 Kilometer) bereits 42.000 Euro fällig, das von uns getestete Modell mit großem Akku und starkem Motor kommt auf mindestens 46.600 Euro. Die Ausstattung ist dann bereits sehr ordentlich, und nicht weit von vollständig entfernt. Wer das tolle Google-Navi will, muss aber noch einmal 850 Euro drauflegen. Wer Vollausstattung ordert, hebt den Endpreis auf knapp 53.000 Euro an. Das ist viel Geld, in der bürgerlichen Kompaktstromer-Klasse aber mittlerweile Standard: Auch VW ID.3, Hyundai Ioniq 5 oder Nissan Ariya bewegen sich in diesen Sphären.

Den Vergleich mit der Konkurrenz besteht der Mégane E-Tech Electric glänzend – wahrscheinlich besser, als es der konventionelle Mégane in den vergangenen Jahren konnte. Der sparsame Antrieb, das flotte Infotainment und der durchwegs moderne Auftritt stehen auf der Haben-Seite. Leichte Abzüge gibt es lediglich für die miserable Rundumsicht und den schwer zugänglichen Kofferraum.

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