Viel Power, gestrafftes Fahrwerk und einen dynamischen Karosserie-Zuschnitt: Das Skoda Enyaq Coupé RS iV präsentiert sich als die sportliche Alternative zu einem klassisch-kastenförmigen Schwestermodell. Die wahren Vorzüge des auf Wunsch mambagrün lackierten Elektroautos liegen aber woanders als in schnellen Kurven.
Das kupierte Heck lässt das Enyaq Coupé nur auf den ersten Blick schlank und schnittig wirken. Spätestens, wenn der 4,65 Meter lange Kompakt-Crossover neben einem normalen Auto geparkt wird, werden seine raumgreifenden Ausmaße sichtbar. Trotzdem wirkt die aus dem Sportwagen-Design entlehnte Dachlinie insgesamt stimmiger als bei dem einen oder anderen Konkurrenten. Als ästhetisches Kaufargument dürfte sie daher zumindest bei ausgewiesenen Freunden des SUV-Coupé-Stils durchaus taugen. Auch, weil die Nachteile in Sachen Raumangebot kaum ins Gewicht fallen: Sowohl auf der Rückbank als auch im Kofferraum herrscht ein kaum weniger großzügiges Platzangebot als beim normalen Enyaq.
Weniger Sportler als souveräner Gleiter für die lange Strecke
Neben dem Design bildet die Technik den wichtigsten Unterschied von Coupé und SUV. Für das Top-Modell bietet Skoda zunächst nur das stärkste der im konzerneigenen MEB-Regal verfügbaren Antriebspakete an. Herzstück sind zwei E-Motoren, einer an der vorderen, der andere an der hinteren Achse. Gemeinsam bilden sie bei Bedarf einen Allradantrieb und stellen bis zu 220 kW/299 PS Leistung zur Verfügung. Das üppige Drehmoment von 460 Nm liegt wie beim E-Mobil üblich direkt ab Start an, wodurch sich das immerhin 2,3 Tonnen schwere SUV zumindest bei Ampelstart und Überholvorgang deutlich leichtfüßiger anfühlt, als es laut Waage ist.
In der Kurve gilt das mit der dynamischen Leichtigkeit nur bedingt. Das RS-Modell ist zwar stark und in jeder Lebenslage durchzugskräftig, aber auch sehr schwer. Werden die beträchtlichen Massen erst einmal durch flotte Richtungswechsel in Wallung gebracht, lässt man es bald doch lieber ruhiger angehen. Ein Sportler ist das SUV-Coupé deutlich weniger als die anderen RS-Modelle der Marke. Vielmehr gibt er den souveränen Gleiter für die lange Strecke. Dabei allerdings stört das auf Sportlichkeit umgestrickte Fahrwerk etwas. Vor allem in Kombination mit den optionalen 21-Zoll-Räder gibt es den Fahrbahnzustand eins zu eins an den Rücken der Insassen weiter.
Schade, denn ein anderes Technik-Detail würde das Coupé zu einem sehr guten Elektro-Reiseauto machen: die große Batterie. Im Top-Modell der Baureihe tut immer das Exemplar mit 77 kWh Dienst, das laut Norm für eine Distanz von 520 Kilometern gut ist. In der Praxis waren die Werte auch bei milden Temperaturen allerdings nicht annähernd zu erreichen. Bei hohem Autobahnanteil kam der Crossover rund 400 Kilometer weit – im Alltag ausreichend, wenn auch kein Traumwert. Wer die Antriebsleistung ausreizt, muss zudem unter Umständen schon rund 100 Kilometer früher an die Steckdose. Das zeigt sich auch in den Verbrauchswerten: Bei gleichmäßiger Fahrt auf der Schnellstraße kommt der Enyaq mit deutlich unter 20 kWh aus, unter Stress werden es aber auch mal 25 kWh oder mehr.
Dafür überzeugt der Skoda mit einer ordentlichen Ladegeschwindigkeit. Bis zu 135 kW sind an der Schnellladesäule möglich, wodurch sich der fast leere Akku in rund 30 Minuten auf die üblichen 80 Prozent füllen lässt. Durch eine Akku-Vorkonditionierung ließe sich möglicherweise noch etwas mehr Tempo herausholen; darauf verzichtet das Batteriemanagement jedoch bislang. Dafür gibt es im Bord-Navi eine taugliche Routenplanung inklusive vorgeschlagener Ladestopps. In der Regel dürfte aber das Laden an der heimischen Wallbox ausreichen, wo der Skoda sich mit 11 kW Leistung über Nacht den Speicher vollsaugt.
Selbst der Technik-Zwilling VW ID.5 GTX ist deutlich günstiger
Ein großes Auto mit großer Reichweite gibt es nicht zum kleinen Preis: Mindestens 61.550 Euro muss ein Käufer investieren, gut 10.000 Euro mehr als für den Standard-Enyaq in der Allradausführung mit gleicher Batterie und etwas weniger Leistung. Selbst der Technik-Zwilling VW ID.5 GTX ist rund 5.000 Euro günstiger. Ausgeglichen wird das mit einer umfangreichen Ausstattung. Zu dieser zählen unter anderem Sportsitze, 20-Zoll-Räder (21 Zoll gegen Aufpreis), Dreizonen-Klimaanlage, Rückfahrkamera und ein Panoramaglasdach. Optional gibt es eine Wärmepumpe für reichweitenschonendes Heizen sowie diverse Technik-Pakete, in denen sich auch adaptive Dämpfer finden, die die Fahrwerkshärte etwas abmildern.
Unterm Strich punktet das Enyaq Coupé weniger mit seinem sportlichen Anstrich, sondern mit üppiger Autobahn-Reichweite und hoher Antriebs-Souveränität. Wer sich an dem etwas ruppigen Fahrwerk nicht stört und an der schnittigen Hecklinie Gefallen findet, bekommt im RS einen sehr geräumigen Reisewagen. Kann man auf Sport-Optik und das kleine Plus an Fahrdynamik verzichten, fährt man mit dem Standard-Enyaq aber nicht schlechter – und deutlich günstiger.