Nexperia-Krise: Mit Catena-X zu Resilienz in der Lieferkette
Die Nexperia-Chip-Krise und weitere Vorfälle zeigen die Schwächen globaler Lieferketten. Catena-X und Cofinity-X bieten Ansätze für bessere Planung und Zusammenarbeit.
Catena-X verschafft der automobilen Wertschöpfungskette mehr Resilienz. Der Demand and Capacity Management Anwendungsfall innerhalb des Datenökosystems hilft Unternehmen bei der besseren Vorausplanung.
Cofinity-X
Die aktuelle Krise rund um den Halbleiterhersteller Nexperia
reiht sich in eine Serie globaler Ereignisse ein, die die Verwundbarkeit der
automobilen Wertschöpfungsketten offenlegen. Immer noch mangelt es an präventiven
Werkzeugen und die Industrie muss zu oft mit Kurzarbeit,
Produktionsstillständen und notgetriebenen Zukäufen reagieren. Dabei schaffen Catena-X und Cofinity-X
bereits die Basis für vorausschauende Maßnahmen und noch engere Zusammenarbeit
in Lieferketten unter Nutzung von moderner IT.
Was ist passiert?
Als die niederländische Regierung auf Druck der USA die
Kontrolle über das chinesisch geführte Unternehmen Nexperia übernimmt, reagiert
China mit Exportverboten. Die Folge: Nexperia-Chips, die in diversen Fahrzeugen
verbaut werden, sind plötzlich nicht mehr verfügbar mit großen Auswirkungen auf
die europäische Automobilproduktion. Betroffen sind unter anderem Volkswagen,
Bosch und ZF.
Automobilhersteller (OEMs) und Zulieferer stehen vor der
Herausforderung, kurzfristig Alternativen zu finden, oft vergeblich oder sehr teuer.
Die Krise zeigt erneut die dringende Notwendigkeit für mehr Transparenz,
Rückverfolgbarkeit und Kollaboration entlang der Wertschöpfungskette auf. Nach
Engpässen durch die Pandemie, der Blockade des Suez-Kanals oder Auswirkungen
der Ukraine-Krise auf die Halbleiterversorgung ist dies nun der nächste
Weckruf.
Catena-X: ein kollaborativer Ansatz als Schlüssel zur
Resilienz
Catena-X heißt ein möglicher Lösungsansatz für solche
Herausforderungen. Catena-X ist das erste kollaborative, offene und dezentral
organisierte Datenökosystem mit einheitlichen Standards und gemeinsamen
Prinzipien für den Datenaustausch zwischen Automobilunternehmen. Mit Catena-X
können Organisationen entlang der Wertschöpfungskette datenbasiert
zusammenarbeiten, Risiken frühzeitig erkennen und schneller reagieren. Die
Initiative wurde 2020 von einer deutschen Industrie-Allianz als Folge auf einen
Weckruf der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf vorgenannte Krisen ins
Leben gerufen. Schnell wurde klar, dass kein einzelnes Unternehmen die
Komplexität dieser Probleme alleine bewältigen konnte. So einigte man sich auf
einen kollaborativen Ansatz. 2021 gründete man den Catena-X e.V., dessen
Mitglieder Standards für einen vereinheitlichten Datenaustausch definieren, und
2023 Cofinity-X als verlängerte Werkbank, um diese Standards zu
industrialisieren und praktisch nutzbar zu machen. Heute ist Catena-X längst
einsatzbereit und hilft dabei, Datensilos aufzubrechen. Der Cofinity-X
Marktplatz für Catena-X-konforme Anwendungen bietet über 50
Software-Applikationen und Services für diverse Anwendungsfälle (Use Cases).
Demand & Capacity Use Case: Frühwarnsystem für
Lieferengpässe
Demand & Capacity Management ist einer dieser Use Cases,
der als eine Art Frühwarnsystem für Lieferengpässe dient. Dabei werden die
Bedarfsdaten von OEMs und die Kapazitäten von Zulieferern miteinander
abgestimmt. Das Ergebnis ist ein branchenübergreifendes Gesamtbild der
Versorgungslage, das es Unternehmen erlaubt, schneller und gezielter auf
drohende Engpässe zu reagieren. Die Datenbereitstellung erfolgt dabei sicher
und souverän: Unternehmen teilen nur die Daten, die sie ihren Partnern wirklich
freigeben möchten. Diese Datensouveränität ist ein entscheidender Faktor für
Vertrauen und Akzeptanz in der Industrie.
Auch wenn Demand and Capacity Management einen geopolitisch
motivierten Lieferausfall wie im Fall Nexperia nicht verhindern kann, bietet
der Use Case trotzdem eine wertvolle Grundlage, um schneller Alternativen zu
identifizieren und Auswirkungen auf die Produktion zu reduzieren. Die
Lieferkettenteilnehmer durchbrechen dadurch endlich das reaktive
Handlungsmuster und sind besser vorbereitet für weitere, leider wahrscheinliche
Unsicherheiten.
Was jetzt zählt ist die Initiative von Zulieferern, Catena-X
beizutreten und das Netzwerk zu vervollständigen. Auf dem Marktplatz von
Cofinity-X gibt es mittlerweile vier Lösungen für den Demand and Capacity
Management Use Case von T-Systems, Kinaxis, 09 Solutions oder der CatX Service
GmbH. Letztere bietet speziell kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den
vereinfachten Einstieg in den Anwendungsfall.
Nicht die einzige Herausforderung, die Catena-X lösen
kann
Neben der Absicherung gegen Versorgungskrisen adressiert
Catena-X zahlreiche weitere
Herausforderungen der Industrie wie etwa im Bereich regulatorischer
Anforderungen. Use Cases wie der Product Carbon Footprint (PCF) und der
Digitale Produktpass unterstützen Unternehmen dabei, gesetzliche Vorgaben zu
Nachhaltigkeit und Transparenz zu erfüllen und Emissionen zu reduzieren.
Mithilfe der Rückverfolgbarkeit einzelner Bauteile über digitale Zwillinge
lässt sich das Qualitätsmanagement über Catena-X radikal verbessern. Hier
unterstützt beispielsweise die App Trace-X von Cofinity-X.
Die Automobilbranche setzt auf Catena-X
Catena-X ist der Weg für die Zukunftsfähigkeit der Branche.
Davon sind die Einkaufsleiter großer Player wie Magna, BMW, Volkswagen,
Mercedes Benz sowie der VDA überzeugt. So betonte Dr. Marcus Bollig,
Geschäftsführer beim VDA, beim gemeinsamen
Panel während der IAA MOBILITY 2025 die Bedeutung von Catena-X für die
Resilienz von Lieferketten. Mittlerweile aktivieren fünf der größten OEMs ihre
Zulieferer und setzen die Teilnahme an Catena-X teils in ihren
Einkaufsbedingungen voraus. Für Zulieferer stellt sich daher weniger die Frage
ob, sondern viel mehr, wann sie Catena-X beitreten. Denn eines ist klar: Wer
heute aus der Krise lernt, und in resiliente Lieferketten investiert, sichert
sich morgen Wettbewerbsvorteile. Catena-X bietet dafür die Plattform, offen,
sicher und skalierbar.