Für den VW Konzern heißt es "all in", also alles auf eine Karte setzen. Schließlich investiert Europas größter Autobauer in den nächsten fünf Jahren ein Drittel seiner Gesamtausgaben in Elektromobilität und Digitalisierung. Das bedeutet, dass sich die Investitionen in Milliardenhöhe bewegen, das ist kein unerhebliches Risiko. Allein Audi investiert bis Ende 2023 rund 14 Milliarden Euro in die Elektromobilität. "Wenn die Vorhersagen, dass bis 2025 ein Drittel unserer Verkäufe BEVs sein werden, nicht eintreffen, haben wir ein Problem", sagt Dr. Ulrich Widmann, technischer Leiter der PPE-Plattform auf Audi-Seite, also jener Architektur, die Ingolstädter gemeinsam mit Porsche entwickeln. Widmann ist keiner, der vorschnell den Panikknopf drückt, der Techniker spricht mit angenehmem bayerischem Akzent, ruhig und überlegt. Umso bemerkenswerter ist seine Einschätzung.
Doch der Plan steht. Audi wird bis 2025 mehr als elektrifizierte 30 Modelle auf den Markt bringen. Zunächst liegt der Fokus auf den Plug-in-Hybriden, später sollen einige rein elektrische Autos folgen. Von synthetischen Kraftstoffen oder den CNG-Fahrzeugen hört man in Ingolstadt immer weniger bis gar nichts. Immerhin finden sich auf der Audi-Homepage noch drei CNG-Modelle. Bei den Plattformen gibt es noch einiges zu tun. Der e-tron und auch das bald folgende Sportback-Coupé basieren auf dem MLB evo-Baukasten, der primär für Verbrenner gedacht und nur bedingt für rein elektrische Fahrzeuge geeignet ist.
Skaleneffekte helfen
Den ersten Aha-Effekt wollen die Audianer Ende 2020 mit dem e-tron GT landen, den sie selbst im besten Denglisch als "Halo Car" bezeichnen. Der technische Bruder des Taycan soll dennoch ein typischer Audi werden und 40 Millimeter niedriger als der A7 sein. Bei der Technik der Plattform J1 haben die Ingolstädter nicht allzu viel Möglichkeiten, sich von dem Bruder aus Zuffenhausen abzugrenzen. Um ein halbwegs vernünftiges Geschäftsmodell beim e-tron GT hinzubekommen, muss man sich da an die Hardware aus Zuffenhausen halten. Aber im Innenraum, dem Bedienkonzept, dem Design und durch Softwaremodifikationen (auch beim Antriebsstrang) wollen die Ingolstädter bis Ende 2020 aus dem Taycan einen Audi machen. Vorgesehen sind aktuell 434 kW / 590 PS, eine Allradlenkung, ein Differential an der Hinterachse, weitere Leistungsvarianten sind ebenfalls geplant und zusätzliche Funktionen sollen optional drahtlos freischaltbar sein. Der Sportler wird gemeinsam mit dem R8 in Heilbronn vom Band laufen. Die Böllinger Höfe werden gerade dafür umgerüstet.
"Skaleneffekte werden die Elektromobile billiger machen", erklärt Widmann. Das ist auch dringend nötig, wenn sich das Risiko auszahlen soll. Deswegen wird Audi natürlich auch den VW-MEB nutzen und als erstes den Q4 e-tron drauf stellen. Das SUV soll 2021 erscheinen, wird 225 kW / 306 PS und einen Heckantrieb haben. Der Allradantrieb ist optional. Bei einem Radstand von 2,77 Metern verspricht der ansehnliche Crossover auch eine gute Raumökonomie. Dass weitere Karosserieformen geplant sind, ist kein großes Geheimnis. Eine SUV Coupé oder auch eine Limousine sind mit dem MEB machbar. Langfristig soll die Audi-Modellpalette, wie jetzt auch, auf zwei Architekturen stehen: dem MEB und der Premium Platform Electronic (PPE). Die hat standardmäßig Heckantrieb, eine große Reichweite, die Quattro-Option, 800-Volt-Technik für schnelles Laden und wird primär in der Ober- und Luxusklasse eingesetzt werden.
Verschiedene Batteriezellen möglich
Dieser Baukasten gewährt Audi und Porsche viele Freiheiten, denn er ist in drei Bereichen skalierbar: beim Radstand, der Breite, und der Bodenfreiheit. Als erstes Audi-Modell soll das PPE Coupé Ende 2022 / Anfang 2023 auf den Markt kommen. Wichtig ist den Audianern und vor allem Designer Marc Lichte, dass mit dieser Architektur trotz der Batteriepakete im Unterboden auch Coupés und Limousinen machbar sind, also echte Niederboden-Automobile und nicht verkappte hochbeinige Fahrzeuge, bei denen die Akkus die Bodenfreiheit kaschieren. Das wird auch nötig sein. "Die Kundennachfrage wird sich radikal verschieben", erklärt Widmann. Also werden nicht nur SUVs und Crossover gefragt sein, sondern eben auch klassische Karosserieformen. Was spricht eigentlich gegen einen BEV-Roadster mit Stoffmütze und viel Fahrspaß?
Bei den Batteriezellen hält sich Audi auch in Zukunft alle Optionen offen und gestaltet die Akkus so, dass verschiedene Zellarten benützt werden können. Auch Feststoffbatterien sind machbar, doch bis diese Wunderakkus in der Serie verbaut werden, wird nach Ansicht der Audi-Techniker noch einige Zeit vergehen - eher in der zweiten Hälfte der nächsten Dekade.
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