Nur vier Jahre ist es her, dass Ford ein hartes Sanierungsprogramm in Deutschland umgesetzt hat - nun zückt der Autobauer hierzulande erneut den Rotstift. Bis Ende 2025 sollen in Köln und Aachen 2.300 Stellen aus Kostengründen wegfallen. In Köln hat Ford derzeit rund 14.000 Beschäftigte und in einem Aachener Forschungszentrum 200. Besonders die Produktentwicklung kommt unter die Räder, dort sollen 1.700 Stellen wegfallen und damit fast die Hälfte der dortigen Jobs. Der Rest wird in der Verwaltung eingespart.
Bei dem Sanierungsprogramm aus dem Jahr 2019 waren schon einmal Tausende Stellen weggefallen, damals aber schwerpunktmäßig in anderen Bereichen als aktuell angepeilt. Nun geht die Schrumpfkur weiter. Immerhin will Ford auf längere Sicht am Standort Köln festhalten - im Gegensatz zu Saarlouis, wo die Produktion 2025 komplett eingestellt werden soll. In der Stadt am Rhein baut Ford sein Werk derzeit für eine Milliardeninvestition um und macht es damit fit für die Elektromobilität - noch in diesem Jahr soll das erste in Europa hergestellte Ford-Elektroauto in Köln vom Band rollen.
Ford setzt vor allem auf US-Entwicklung
Mit dem jetzt verkündeten Sparprogramm wird aber deutlich, dass die Domstadt in Sachen Produktentwicklung bei den Zukunftsplänen des US-Konzerns nur eine untergeordnete Rolle spielen wird. Die Produktion soll zwar weitergehen, die Produktentwicklung soll es vor Ort aber nur noch in abgespeckter Form geben. Künftige Elektromodelle werden wohl hauptsächlich in den USA entworfen und designt.
Branchenexperten sehen das mit Sorge. "Das ist keine gute Nachricht für Ford in Europa", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Die Gefahr bestehe, dass Ford Autos an den europäischen Kundenwünschen vorbei entwickele und der ohnehin schon geschrumpfte Marktanteil weiter sinke. "Mit der Zentralisierung von Entwicklungskompetenzen in den USA besteht die Gefahr, dass Ford einen falschen Weg beschreitet." Ferdinand Dudenhöffer von Center Automotive Research (CAR) sagt: "Amerikanische Fahrzeuge nur etwas zu adaptieren und dann einfach in Europa zu verkaufen - das wird nicht funktionieren." Fords Zukunft in Europa sei ungewiss, es werde wohl nicht das letzte Jobabbau-Programm sein.
Sorgen über drohende Fehler in der Produktentwicklung hatten auch Arbeitnehmervertreter im Januar bekundet. Damals hatte der Ford-Betriebsrat die Sparpläne öffentlich gemacht. Als Beispiele für unterschiedliche Marktgegebenheiten hatten Arbeitnehmervertreter damals von kleineren Parkplätzen in Europa berichtet, wodurch große Autos nicht so beliebt seien. Auch die in den USA üblichen Halterungen im Auto für besonders große Flaschen seien hierzulande nicht gefragt - hier reiche vielmehr eine Halterung für einen Kaffeebecher.
Solchen Bedenken trat Ford-Deutschlandchef Martin Sander am Dienstag bei der Verkündung der Sparpläne demonstrativ entgegen. Nach seiner Darstellung bleibt die hiesige Produktentwicklung stark genug, um bei der Entwicklung künftiger Modelle ein entscheidendes Wörtchen mitzureden. Er habe "das allergrößte Interesse daran, dass wir die richtigen Fahrzeuge in Europa haben werden, die unsere Kunden in Europa begeistern", sagte der Manager.
"Das bedeutet aber nicht, dass wir in Europa alles von Grund auf machen müssen." Um langfristig wettbewerbsfähig zu sein, müsse man sich "skaliert haben" und Plattformen von externen Kooperationspartnern oder von der Konzernmutter nutzen. Derzeit hat Ford Zugriff auf die VW-Elektroauto-Plattform (MEB), zukünftig könnten diese zentralen Bauteile aus eigenen Ford-Konzernbereichen kommen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch langfristig die notwendigen Ressourcen haben, um attraktive Autos für den europäischen Markt auf verschiedensten Basistechnologien zu entwickeln", sagte Sander.
Streicht Ford Stellen wegen der Elektromobilität?
Der Manager betonte allerdings auch, dass Elektroautos nun mal weniger komplex seien als Verbrenner-Pkw. Diesen veränderten Gegebenheiten müssen man sich stellen, sagte er. "Sonst sind wir langfristig nicht wettbewerbsfähig."
Der Ford-Betriebsratschef in Deutschland, Benjamin Gruschka, hatte noch im Januar gewarnt, dass ein zu starker Jobabbau das ganze Europageschäft von Ford beschädigen könnte. Nun zeigte er sich erleichtert, dass das Management sich nach intensiven Verhandlungen zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2032 bereiterklärt hat. Der Jobabbau dürfte also über Abfindungen oder Altersteilzeit erfolgen.
Zudem wies Gruschka darauf hin, dass im Januar noch ein Abbau von 3.200 Jobs in Köln und Aachen gedroht habe, diese Zahl sei nun auf 2.300 reduziert worden. Die deutsche Produktentwicklung werde zwar kleiner, aber es werde kein Bereich komplett aufgegeben.