Der gefühlt 120. SUV aus der kaum mehr zu definierenden Gemengelage aus Kompakt-, Mittel- und Crossoverklasse – diesmal aus dem Hause Audi. Skoda, Kia, Hyundai, Volkwagen, Mini, Cadillac oder Borgward – wer hat in den letzten Monaten nicht einen oder mehrere SUV präsentiert? Das Konzept erscheint dabei mehr als austauschbar. Zwischen 4,40 und 4,70 Meter lang, angetrieben von einem aufgeladenen Vierzylinder, bevorzugt mit zwei Litern Hubraum und dazu wahlweise ein automatisiertes Getriebe und Allradantrieb. Mit Fokus auf den europäischen Markt gibt es natürlich ebenso sparsame wie kraftvolle Dieselmotoren; andere geben sich mit zahlreichen Fahrerassistenzsystemen oder einer vernetzten Navigation zufrieden. Unterscheiden lassen sich die SUV von der Technik für den ungeübten Autofahrer schon lange nicht mehr. Die einen sind Premium, andere wollen es gerne sein und wieder andere träumen von einem Aufstieg in die automobile Oberliga. Alles haben eines gemeinsam: sie treffen mitten ins Herz der automobilen Massenbewegung.
Der neue Audi Q3 wird zumindest die europäische SUV-Mittelklasse in Wallung bringen. Mit einer Länge von 4,49 Metern der einstigen Kompaktliga längst entstiegen, macht der neueste aller Audis ab Jahresende Jagd auf Modelle wie den BMW X1 / X2, Mercedes GLA / GLB oder den VW Tiguan, mit dem er sich die technische Plattform ebenso teilt wie mit Seat Tarraco oder Skoda Kodiaq. Design ist neben der Marke selbst nicht nur Kaufgrund Nummer eins, sondern bekanntlich auch Geschmacksache. Die Linienführung des neuen Q3 dürfte den Geschmack vieler Interessenten treffen, die nach Wunsch von Audi dann auch zu Kunden werden. Vorbei sind die Zeiten des in Manier eines Werther’s Echte rund gelutschten Karamellbonbons wie dem alten Q3. Die neue Generation hat scharfe Linien, schicke Falze und deutlich bessere Proportionen.
Die Technik ist gut und betont langweilig, denn man kennt sie nur allzu gut aus dem Volkswagen-Konzernregal. Skoda Karoq / Kodiaq, Seat Ateca oder VW Tiguan / Tiguan Allspace oder sogar der große VW Atlas aus den USA sind auf der gleichen Plattform unterwegs. Motoren, Getriebe und allerlei Dreingaben sind zumeist identisch und trotzdem hat der neue Audi Q3 eine besondere Begehrlichkeit. Das Motorenangebot ist zum Marktstart dabei allemal überschaubar. Einen zwei Liter großen Diesel mit gerade einmal 150 PS sowie zwei Benziner mit 1,5 und 2,0 Litern Hubraum, die 150 und 230 PS leisten, machen einem die Auswahl zur temporären Topversion leicht. Später kommen Diesel mit 190 und 230 PS sowie ein 190-PS-Benziner und die beliebten S- und RS-Modelle mit Fünfzylindern und bis zu 400 PS, um gegen den bärenstarken AMG 45 GLA anzukämpfen. Noch Fragen? Keine!
Also am liebsten erst einmal einsteigen in den Audi Q3 2.0 TFSI Quattro, der sinnfremd die Bezeichnung 45 TFSI trägt – hier bleiben Fragen offen, was das Nomenklatur-Kauderwelsch soll. Der neue Audi-Crossover bringt mit Allradantrieb und siebenstufigem Doppelkupplungsgetriebe rund 1,7 Tonnen Leergewicht auf die Waage. Da sollte keiner auf die Idee kommen, sich in den kaum leichteren Basisbenziner zu vergucken, der von einem 1,5 Liter großen Vierzylinder mit überschaubaren 150 trabenden Pferden angetrieben wird. Der Topmotor klingt mit seinen 169 kW / 230 PS und entsprechenden Fahrleistungen beeindruckend, doch er fährt sich kaum so. Der bekannte Vierzylinder-Turbo passt gut und ist eine solide Besetzung für den Mittelklasse-SUV, doch sportliche Ambitionen kann man ihm trotz der 230 PS und 350 Nm maximalem Drehmoment nicht entlocken. Wüsste man es nicht besser, würde man ihn wohlwollend für die 190-PS-Version halten. Durchzug, Vollgasspurt, schnelle Überholen oder flotte Autobahnfahrt – die 230 PS muss man lange suchen und findet sie dann doch nicht. Auf dem Papier lesen sich die Leistungsdaten nicht nur bei der Maximalleistung imposanter, denn bei Bedarf spurtet der Ingolstädter 233 km/h schnell und beschleunigt aus dem Stand in kaum mehr als sechs Sekunden auf Tempo 100. Das sollte für allermeisten Kunden mehr als zufriedenstellen.
Der Klang: Verstörend statt betörend
Leider ist der Motorenklang dabei erschreckend blass und emotionslos – eben so, wie man es von den meisten Konkurrenten kennt. Gerade unter Last verstört der Klang mehr als er betört. Wer es dynamisch angehen lässt, muss sich bei Zwischenspurts trotz 350 Nm maximalem Drehmoment ab zwischen 1.500 und 4.400 U/min nicht nur mit deutlichen Gedenksekunden des Triebwerks anfreunden, sondern auch einem trägen Kraftfluss an die Hinterachse. Es dauert, ehe ein Teil der Motorleistung im Fall der Fälle an der Hinterachse zur Tat schreitet und den Q3 anschiebt. Das können die größeren Modelle bei Audi sehr deutlich besser. Eine Lücke existiert nach wie vor bei den Verbrauchsdaten, die Audi im neuen, strengeren WLTP-Zyklus noch nicht offiziell eingefahren hat. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Normdurst des Audi Q3 45 TFSI Quattro sich bei knapp sieben Liter auf 100 Kilometern (ca. 160 g CO2) einpendelt.
Ausgewogener als das Vierzylindertriebwerk schlägt sich das Fahrwerk. Mit seinen 19-Zöllern sieht der Crossover nicht nur gut aus, sondern ist betont ausgewogen abgestimmt. Da der Audi Q3 45 TFSI Quattro keinerlei sportliche Ambitionen hegt, kann man sich teure Optionen wie eine variable Dämpferverstellung oder noch größere Walzen sparen. Das normalen Feder-Dämpfer-Paket reicht aus, um auf Langstrecken komfortabel unterwegs zu sein und auf kurvigen Landstraßen keine allzu großen Nick- und Wankbewegungen aushalten zu müssen. Dabei ist die Lenkung präzise und leichtgängig zugleich. Das dezent im Hintergrund arbeitende Doppelkupplungsgetriebe tut sein Übriges zum guten Gesamtpaket.
Daneben ist der Innenraum eine der vielen Stärken des zweiten Audi Q3. Die animierten Instrumente sind zeitgemäß und verbreiten auf den ersten Blick einen modernen Charme. Ihre Darstellung selbst ist mit den zahlreichen Informationen jedoch zu unübersichtlich und so fällt noch mehr ins Gewicht, dass bei dem Crossover selbst gegen Aufpreis kein Head-Up-Display verfügbar ist. Üppige Aufpreise werden auch fällig, wenn man die Serienausstattung des Q3 aufbessern will. 17-Zoll-Alufelgen, LED-Scheinwerfer, einige Fahrerassistenzsysteme und Klimaautomatik sind Serie; doch danach wird es dünn. Selbstverständlichkeiten wie Navigationssystem, Sitzheizung, Einparkhilfen oder Soundsystem drücken den Basispreis von 42.000 Euro munter nach oben.
Das Platzangebot ist insbesondere durch den fast acht Zentimeter gewachsenen Radstand ordentlich. Vorne sitzt es sich gut und auch im Fond gibt es ein gutes Platzangebot. Serienmäßig lässt sich die Rückbank verschieben oder umklappen und so der Laderaum von 520 auf bis zu 1.525 Liter erweitern. Die sinnvolle elektrische Heckklappe ist jedoch nur gegen Aufpreis zu bekommen. Nicht einmal für Aufgeld lassen sich jedoch die Rücksitze beheizen – das bieten selbst viele Modelle geringerer Klassen ohne einen Griff in den Geldbeutel.