In wenigen Tagen blickt die Welt gebannt nach Peking. Denn dann wird der Nationale Volkskongress den nächsten Fünfjahresplan verabschieden und so die wirtschaftlichen Leitplanken der Volksrepublik China festzurren. Diese Strategie ist auch für die Automobilbranche von entscheidender Bedeutung. Schließlich ist das Reich der Mitte der größte Automarkt und gleichzeitig wollen die chinesischen Autobauer nicht nur beim Heimspiel erfolgreich sein, sondern auch auswärts in Europa und den USA mehr als nur höflicher Punktelieferant sein.
Diese Ambitionen gehen Hand in Hand mit den Parametern, die im Strategiepapier verankert sein werden. China will weg von der Rolle der Werkbank der Welt und zunehmend auch bei Hightech-Produkten in der Spitzengruppe mitspielen. Konzerne wie Huawei, Baidu, Alibaba, Tencent oder Xiaomi geben richtig Gas und versuchen mit aller Gewalt den Technologievorsprung von Nationen wie den USA aufzuholen und sich früher oder später an die Spitze zu setzen. Das ist von der Parteiführung so gewollt und ergibt aus chinesischer Sicht Sinn.
Denn die aggressive Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung samt ihren Handelssanktionen gegen die Volksrepublik haben die Führung des Lands um den Staatschef Xi Jinping darin bestärkt, dass Autarkie ein wichtiges Ziel der chinesischen Wirtschaftspolitik sein muss. Das bedeutet, dass sich die Profitabilität der Unternehmen auch auf die Binnennachfrage stützen soll. Damit wird der Gegenwind für VW, BMW; Mercedes & Co. zunehmen.
Chinesische Autobauer greifen an
Premium ist das neue Ziel. Chinesische Autobauer wie Nio mit der Luxuslimousine ET7, Xpeng mit dem P7 Wing edition und WM Motor mit dem Weltmeister EX6 Plus machen schon namentlich keinen Hehl aus ihren Ambitionen. Günstig für jedermann war gestern, jetzt soll der zunehmend große Hunger der aufstrebenden chinesischen Mittelschicht nach wertigen Statussymbolen aus dem eigenen Land heraus gestillt werden. Ein Mercedes oder BMW gelten nach wie vor als deutliches Zeichen, dass man es geschafft hat. "Chinesische Hersteller wie Nio und Xpeng konzentrieren sich stark auf digitale Elemente und kombinieren diese in hohem Maße mit Komfort und intensiver Kundenbetreuung. Das führt zu einer hohen Markenloyalität und Wiederverkaufsrate", erklärt Dr. Jan Burgard von der Beratungsfirma Berylls.
Auch bekannte Hersteller wollen ihr Stück vom großen Elektro-Automobilkuchen abhaben, zum Beispiel der Staatskonzern SAIC mit der Marke "R" oder Geely mit Geometry. Geely ist ein Paradebeispiel, wie der chinesische Weg aussehen soll. Man steigt bei ausländischen Autobauern wie Volvo ein, nutzt deren Know-how oder schließt Allianzen mit Branchenführern. So geschehen mit Mercedes beziehungsweise der Untermarke Smart, deren neues Modell in China gefertigt wird. "Wir rechnen damit, dass weitere Premium-Marken in China auf den Markt kommen werden, die durch individuelle Lösungen einen Wettbewerbsvorteil haben werden", prognostiziert Jan Burgard und fasst damit den Trend in Worte, dass die zahlungskräftigen Chinesen sich nicht mehr mit Produkten von der Stange zufriedengeben.
Beste Voraussetzungen für autonomes Fahren
Diese Premium-Offensive verschiedener Autobauer ist exemplarisch für den dualen Kurs, der im neuen Fünfjahresplan manifestiert wird. Autarkie und die daraus resultierende Wettbewerbsfähigkeit befähigen die chinesischen Automobilhersteller, auch beim Export anzugreifen. Um das zu erreichen, werden zum einen die fähigsten heimischen Hersteller und zum anderen die wichtigsten Technologien identifiziert, die in Zukunft für einen Erfolg auf dem Automobilmarkt entscheidend sind. Neben der Elektromobilität sind das die Vernetzung und das autonome Fahren. Bei der Kameratechnik, unabdingbar für Robo-Autos, sind die Chinesen auf Augenhöhe mit der internationalen Konkurrenz.
Mit den Algorithmen für die Gesichtserkennung, die man schon in Metropolen wie Schanghai zum Bezahlen nutzen kann, ist die Basis für die Technologie, die man zum autonomen Fahren braucht, schon gelegt. Zur Vernetzung gehört ein schnelles 5G-Netz, bei dem Huawei jetzt schon Weltspitze ist. In den Bereichen, wo es noch hakt, etwa bei der künstlichen Intelligenz, fördert der Staat mit großen Summen die Bemühungen der einheimischen Unternehmen. Mit CATL sollte auch die für die Elektromobilität nötigen Batterien, die aus heimischer Produktion stammen. Zum Autobau kann man Kuka-Roboter nutzen, da der chinesische Midea-Konzern seit 2016 die Mehrheit am Augsburger Unternehmen hält.