Während sich bei vielen Herstellern scheinbar alles um den Elektroantrieb zu drehen scheint, tritt man hierzu bei Volkswagen Nutzfahrzeuge überraschend auf die Bremse. Über 90 Prozent aller Caddys sind mit Dieselmotor unterwegs und kaum einer der Verantwortlichen nimmt an, dass sich dies bei der neuen, seit 1978 immerhin fünften Generation, anders darstellen sollte. Wenn der neue Caddy, mit seinem modernen Design und deutlich steileren Seitenwänden hinten wie ein Skischuh in der Garage stehend, Ende des Jahres auf den Markt kommt, geben erst einmal die ebenso drehmomentstarken wie sparsamen Dieselmotoren den Ton an. Kurz danach folgen die weitgehend unbedeutenden Benziner und die im Nutzfahrzeugsegment nach wie vor etablierten Erdgasmodelle. Die meisten Kunden - egal ob Gewerbe oder privat - werden sich für die zwei Liter großen Vierzylinder-Diesel entscheiden, die zwischen 55 kW / 75 PS und 90 kW / 122 PS leisten. Eine gestaffelte Harnstoffeinspritzung sorgt bei den TDI-Motoren für beste Abgaswerte. Deutlich weniger Kunden werden sich für den Turbobenziner entscheiden, der 84 kW / 114 PS leistet und deutlich weniger Durchzug und Drehmoment als der Selbstzünder bietet.
Da die Erdgasmodelle im Hause Volkswagen mit dem Eintritt der Schadstoffnorm Euro7 in ein paar Jahren ohnehin aufs technische Abstellgleis kommen, hätte man angesichts eines Verkaufsanteil von unter zehn Prozent wohl auch früher einen Schnitt machen können. Doch so ist ein 130 PS starkes CNG-Modell aufgrund treuer Bestandskunden nochmals ab kommendem Jahr ins Portfolio gerutscht; wohl wissend, dass ein Ende bevorsteht. In Sachen Elektrifizierung hält sich Volkswagen beim neuen Caddy überraschend zurück. Kaum anzunehmen, dass der Plug-in-Hybride, dann erstmals mit dem 1,5 Liter großen TSI-Modul gekoppelt, noch im kommenden Jahr den Weg in die Caddy-Flotte schafft. Dabei soll die rein elektrische Reichweite dank Akkupaket und eines 90-kW-Elektromoduls bis zu 100 Kilometer betragen. Anzunehmen, dass einige Kunden hier zugreifen würden, auch wenn die Nutzlast des VW Caddy von 850 Kilogramm beim Plug-in-Hybriden auf gut 600 Kilogramm rutscht.
Ansonsten hat der neue Caddy beim Thema Ladung deutlich zugelegt. Das gilt nicht nur für die steileren Wände und den so für Innenregale besser nutzbaren Aufbau, sondern auch für die neue Hinterachse, die es unter anderem ermöglicht, eine Euro-Palette komplett einzuladen. Das dürfte die Privatkunden weit weniger interessieren als die verschiedenen Radstände, Türkonzepte und das erstmals verfügbare Panoramadach. Zwar werden mit der fünften Caddy-Generation neue Zuziehhilfen eingeführt, doch die erwarteten elektrischen Bedienungen für die mächtige Heckklappe und die beiden Schiebetüren sind selbst bei den höherwertigen Pkw-Versionen nicht einmal gegen Aufpreis zu bekommen.
MQB-Plattform und Komponenten des Golf 8
Der normale Caddy ist 4,50 Meter lang. Das sind knapp zehn Zentimeter mehr als sein Vorgänger, wovon über sieben Zentimeter dem Radstand und somit Innen- und Laderaum zugutekommen. Der verlängerte VW Caddy Maxi sieht deutlich klobiger aus; glänzt mit seiner Gesamtlänge von 4,85 Metern jedoch mit deutlich mehr Laderaum oder wahlweise einer dritten Sitzreihe, die ihn zum Siebensitzer macht. Der kurze VW Caddy kann bis zu 3,3 Kubikmeter laden; die Langversion 4,0 Kubikmeter. Durch die hier breitere Schiebetüre (84 cm breit) des XXL-Caddy kann über eine der beiden Schiebetüren in der Mitte eine zweite Europalette eingeladen werden. "Der neue Caddy macht mit seinem deutlichen Plus an Raum, absoluter Perfektion im Detail, seinen neuen Technologien und seiner neuen Designdynamik einen riesigen Sprung nach vorn", so der bisherige VW-Nutzfahrzeuge-Chef Thomas Sedran. Die Kunden des VW Caddy sind weltweit nahezu gleich verteilt. Die Hälfte nutzt Caddy und Langversion Caddy Maxi als reines Familienmobil, während die andere Hälfte im harten Alltagseinsatz bei Handwerkern, Lieferdiensten und Gewerbetreibenden ist.
Beim ersten Fahrtest zeigt sich zum einen, dass der 122 PS starke Diesel die beste Wahl ist und durchaus noch ein paar mehr Pferde mehr haben dürfte. Bestenfalls ist das TDI-Triebwerk noch mit dem siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebe kombiniert. Wer für alles gerüstet sein will, wartet noch bis 2021, wenn diese Version für Privatkunden und Gewerbetreibende auch als Allradversion nachgezogen wird, die aktuell jedoch nur als Handschalter angeboten werden soll. Den größten Unterschied zum Vorgänger machen nicht nur das auf Wunsch animierte Cockpit aus, die besseren Sitze oder der bis zu 10,25 Zoll große Multifunktionsbildschirm für Navigation und Bedienung, sondern das Fahrverhalten. Hier konnten sich die Ingenieure durch den MQB-Baukasten erstmals bei der modernsten Volkswagen-Technik bedienen.
So ist der VW Caddy mit der Vorderachse des neuen Golf 8 unterwegs und hat ganz nebenbei auch die meisten seiner Fahrerassistenzsysteme. Einlenkverhalten und Komfortniveau sind deutlich besser als bisher und die Hinterachse - eine längslenkergeführte Starrversion - wirkt gerade auch ohne Beladung nicht mehr derart stößig wie bisher. So fährt sich der VW Caddy 5 trotz seines rustikalen Anspruchs deutlich mehr wie eine Pkw als das bisherige Modell. Die Räder sind zwischen 16 und 18 Zoll groß. Die genauen Preise des VW Caddy 5 stehen noch nicht fest. Diese dürften jedoch leicht über dem Niveau der Vorgängergeneration liegen. Somit sollte es für die spärlich ausgestatteten Gewerbeversionen bei knapp über 20.000 Euro losgehen. Der Pkw-Caddy mit fünf Sitzen und zwei Schiebetüren dürfte bei rund 23.000 Euro starten - Auslieferungen ab November 2020.