Optisch sieht die dritte Fiat-500-Generation beinahe aus wie die zweite, nur noch etwas besser. Front, Heck, Proportionen und Innenraum - da lässt der Norditaliener einmal mehr nichts anbrennen und erobert die Herzen der nahezu ausschließlich weiblichen Fans im Sturm - und das flüsterleise. Denn die Verbrennungsmotoren haben beim neuen Fiat 500 ausgedient. Insbesondere nicht schade um das alles andere als überzeugende Twin-Air-Motörchen, das mit seinen zweiten Zylindern rasselnd wie ein Sack Nüsse nur mäßige Fahrleistungen bot. Im Gegensatz zu so manchem Wettbewerber bleibt der Motor des elektrischen Fiat 500 unter der vorderen Haube und treibt die Vorderachse an.
Die Motorleistung des Elektrotriebwerks ist mit seinen 87 kW / 118 PS nicht opulent, aber allemal ausreichend. Mit einem 3,63 Meter langen Fiat 500 will man schon aufgrund seiner überschaubaren Abmessungen kaum auf längeren Strecken unterwegs sein und um in der überfüllten Innenstadt herumzudüsen, reicht die Leistung allemal. Zumal man gerade in der City ohnehin im sogenannten Sherpa-Modus unterwegs sein wird. Das langsamste der drei Fahrprogramme soll einen dem Namen nach wie ein Sherpa im Hochgebirge überall hinbringen. Dafür bietet der Fahrmodus gebremsten Schaum und eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h - nicht viel, aber genug für die City nebst Verbindungsstraßen. Dafür lässt sich der Fiat 500 ebenso wie im zweiten Fahrprogramm Range nahezu komplett mit dem Gaspedal bewegen. Mit dem sogenannten One-Pedal-Feeling fährt sich die kleine Italo-Kugel wie ein Autoscooter. Wer vom Gaspedal geht, bremst automatisch stark ab.
Wem das auf der Landstraße nicht reicht oder der Spurt zu zäh ist, der wählt das normale Fahrprogramm und bekommt so immerhin bis 150 km/h Höchstgeschwindigkeit. Nicht viel auf längeren Strecken, aber wer mit über 120 km/h unterwegs ist, saugt das 42-kWh-Akkupaket im Unterboden so schnell leer wie ein Glas kühlen Eistee an einem heißen Augusttag. Aus dem Stand geht es in 9,0 Sekunden auf Tempo 100 und bis zur 80er-Marke vergehen kaum mehr als drei Sekunden. Das passt. Dass der knapp 1,4 Tonnen schwere Fiat 500 gerade an der Vorderachse etwas stößig anfedert und die Lenkung nicht viel Rückmeldung von der Fahrbahn bietet, daran kann man sich schnell gewöhnen. Dafür gefallen der niedrige Schwerpunkt und der schicke Innenraum, der für zwei Insassen gute Platzverhältnisse bietet. Notfalls können im recht engen Fond noch zwei Kinder sitzen oder das Gepäck untergebracht werden, das nicht in den Kofferraum passt.
Bitte an die Schnellladesäule
Die Bedienung des elektrischen Fiat 500 geschieht problemlos über den zentralen 10,25-Zoll-Touch-Screen, der nicht nur die Navigationskarte im großzügigen Querformat darstellt, sondern auch Soundsystem, Fahrzeugeinstellungen oder Klimatisierung problemlos einstellen lässt. Mit der Sprachbedienung des Uconnect-Navigationssystem ist es allerdings nicht weit her. Egal welcher Fahrer, egal welches Ziel - hier klappte bei der mündlichen Spracheingabe nur selten etwas. Ganz ähnlich sieht es bei den automatisierten Fahrfunktionen aus, denn mit der automatischen Spurhaltung ist es abgesehen von Autobahnen oftmals nicht weit her. Sowohl in der Innenstadt als auch auf Landstraßen gab es immer wieder Lenkunterstützung mit Gefahrenpotenzial. Wirklich solide arbeitete das System als Entlastung des Fahrers nicht.
Da macht der ganz normale Fahrbetrieb mit aller Aufmerksamkeit des Piloten einen deutlich besseren Eindruck. Hier ist der Fiat 500 wirklich klasse. Fluchs geht es in kleine Lücken, eine kurze Drehung um 180 Grad oder kurz in die enge Parklücke gerutscht - genau so stellt man sich das perfekte Citycar vor. Die Einkäufe verschwinden im gerade einmal 185 Liter großen Laderaum und wer an der Ladesäule parkt, lässt den 500er beim Shopping zeitdeckend erstarken. An einer normalen Ladesäule wird das Nachladen allerdings zäh. Daher sollte man sich wann immer es geht für eine Schnellladesäule entscheiden, denn der elektrische Fiat 500 ist mit einem Schnellladesystem ausgestattet, mit dem er mit maximal 85 Kilowatt nachtanken kann. Beim DC-Laden hat er so in 15 Minuten rund 150 Kilometer an Reichweite gewonnen. Bei einem leeren Akkupaket ist Batterie in etwas mehr als einer halben Stunde zu 80 Prozent aufgeladen. Danach wird es dagegen zäh und die 100-Prozent-Marke fällt erst bei einem längeren Stopp von fast einer Stunde. Die in Aussicht gestellten maximal 320 Kilometer elektrischer Reichweite waren in unserem Praxistest nicht zu machen. Selbst mit einem zu 100 Prozent gefüllten Akku waren es auch mit ausgeschalteter Klimaautomatik, ohne Sitzheizung und im Sherpa-Modus nicht mehr als 280 Kilometer. Den in Aussicht gestellten Normverbrauch von 14,8 kWh pro 100 Kilometer erreichten wir auch bei zurückhaltender Fahrweise nicht ganz. Real sind es zwischen 16 und 18 kWh.
Preise ab 30.000 Euro
Damit kann man leben, doch gerade wer bisher mit einem effizienten Kleinwagen wie einem Fiat 500 oder einem Mini mit Verbrenner unterwegs war, tut sich beim Erstkontakt mit der Elektroreichweite schwer. Potenzielle Kunden aus dem Büroumfeld waren begeistert vom Design, dem geheimnisvoll verbauten italienischen Lebensgefühl und der einfachen Bedienung. Doch bei Reichweite und Preis heißt es schlucken. Kann man sich bei citynaher Verwendung noch mit den rund 250 bis 300 Kilometern realer Reichweite ohne Autobahneinsatz anfreunden, sieht das beim Preis schon ganz anders aus. Beim Einstiegspreis von 29.560 Euro für den Fiat 500 Icon fällt so manchem Kleinwagenfan die Kinnlade herunter. Zumal sich der Preis durch Ausstattungsdetails wie Rückfahrkamera, Fahrerassistenz, LED-Scheinwerfer oder beheizte Sitze deutlich über die 32.000-Euro-Marke presst. Selbstverständlichkeiten wie LED-Scheinwerfer, beheizte Spiegel oder Sitzheizung sind nicht serienmäßig an Bord.
Damit ist der elektrische Fiat 500 nicht teurer als ein Peugeot 208, ein Opel Corsa oder gar der klassenhöhere VW ID.3, doch auch mehr als 9.000 Euro Verkaufsprämie für ein solches Elektromodell lassen den Preis nicht in vertretbare Dimensionen fallen. Und in anderen europäischen Ländern fällt der Zuschuss nennenswert geringer aus. Da ist der Fiat 500 von einem 10.000 bis 15.000 Euro Citymobil über Nacht durch einen verborgenen Stromstoß zu einem mehr als 25.000 Euro teuren Elektromobil der nächsten Generation geworden. Und für den besonders gut ausgestatteten Fiat 500 La Prima geht es als Zweitürer bei 34.900 Euro los. Die Targaversion, die die Italiener selbstbewusst Cabrio nennen, kostet 37.900 und der verschrobene Dreitürer mit einer halben dritten Tür nach alten Mini-Clubman-Vorbild startet bei 36.900 Euro - sehr viel Geld für ein sehr guten Kleinstwagen.