Natürlich waren auch der Mercedes 450 SEL - gerade als grandioser 6.9 - oder der 300 SEL mit dem frühen 6.3er-Triebwerk aus dem 600er Pullman beeindruckende Luxuslimousinen mit Stern. Als solche obligatorisch mit verlängerungssignalisierendem SEL-Signet am Heck und einem guten Stück mehr Radstand für die luxuriös verwöhnten Fondpassagiere. Es gab den 560 aufgrund seiner gewollt pseudo-sportlichen Positionierung gegen den BMW 7er auch als SE mit normalem Radstand. Doch sowohl in Sachen Design als auch Komfortempfinden ist der W 126er nur echt mit langem Radstand und wenn schon eine S-Klasse, dann sollte es eben doch auch das Topmodell ohne Buchhalterattribute wie Handschaltung, Fensterkurbeln oder Stoffsitze sein. In Sindelfingen ärgerte man sich Mitte der 80er Jahre - und wie. Viele Jahre entwickelte man im mehr oder weniger geheimen schon an einem ebenso prestigeträchtigen wie potenten V12-Aggregat für die hauseigenen Prachtmodelle S und SL herum. Doch die Münchner Bayern erwischten die Schwaben auf dem falschen Fuß und krönten ihr prachtvolles Aushängeschild 7er Reihe mit dem BMW 750i, der sowohl mit langen als auch kurzem Radstand zu bekommen war.
In Sachen Leistung waren dessen 221 kW / 300 PS nicht gerade beeindruckend; schon weil der später nachgelegte BMW 740i mit neuem V8-Triebwerk bereits 286 PS produzierte. Doch in Sachen Laufruhe und Image war Mercedes mit seiner S-Klasse nunmehr erstmals die Nummer zwei hinter dem aufmüpfigen Emporkömmling. V12 sticht V8 - das schmerzte in den schwäbischen Entwicklungsabteilungen ebenso wie in der Daimlerschen Vorstandsetage. Mit der 126er-Modellpflege 1986 einen weitgehend fertig entwickelten V12-Motor einbauen, war schlicht nicht machbar und das 500er-Triebwerk reichte insbesondere auf den imagegeneigten Überseemärkten nicht mehr aus, die verwöhnten Kunden zu locken. Da es bis zum ersten 600er-V12 im W140 noch dauerte, wurde als Topmodell der W 126er-Baureihe der 5,16 Meter lange 560 SEL kreiert.
Das Topmodell der Reihe hatte - wohl nicht unbedingt ein Zufall - ebenfalls jene 221 kW / 300 PS, über die auch der BMW 750 iL aus Dingolfinger Produktion verfügte. Jedoch kamen gerade die S-Klasse-Modelle in Deutschland nicht in Genuss der maximalen Motorleistung, denn der serienmäßige Katalysator reduzierte die Motorleistung auf 205 kW / 279 PS und 430 Nm maximales Drehmoment. In den USA betrug die Motorleistung des V8-Triebwerks mit einem erweiterten Hubraum von 5.547 ccm aufgrund einer anderen Motorelektronik und anderer Abgasrestriktionen sogar nur 179 kW / 252 PS / 390 Nm und lag damit auf dem Niveau des bisherigen Topmodell 500 SE / SEL. Wurden von der Luxusversion des Mercedes 560 mit langem Radstand mehr als 75.000 Fahrzeuge verkauft, ist die Kurzversion (Radstand 2,93 statt 3,07 Metern) beinahe eine Rarität die gerade einmal 1.252 Käufer fand. Die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h dabei - egal ob kurz oder lang - nur die Variante ohne geregelten Katalysator.
Luxus im Überfluss
Die Baureihe W 126 wurde nicht nur durch die gigantischen Verkaufszahlen und die lange Produktionszeit von 1979 bis 1991 zur Legende. Sie bot zu Ihrer Zeit eine unerreichte Symbiose aus Luxus, Dynamik und Eleganz. Im Gegensatz zum Nachfolger bot sie selbst als Topversion 560 SEL nicht alles seinerzeit technisch machbare, war jedoch nicht der wenig filigraner Klotz wie der Nachfolger W 140, der dann den längst überfälligen V12-Mtor implantiert bekam. Der 1.810 kg schwere Mercedes 560 SEL war dabei keiner, in dem sich hochrangige Politiker chauffieren ließen, denn die mussten es - schwer gepanzert oder nicht - zumeist bei der kleineren 500er-Variante belassen. Dagegen setzten Könige, Prominente und Wirtschaftsgrößen auf das 279 PS starke Topmodell.
Im Gegensatz zu den schwächeren Versionen mit sechs und acht Zylindern bot der 560 SEL seinem Klientel entsprechend bereits eine exklusive Serienausstattung mit vollelektrischen und beheizten Ledersitzen vorn wie hinten, Klimaanlage, beheizten Spiegeln, elektrischem Schiebedach, Becker Radio Mexico Elektronic, ABS und Airbag. Auf Wunsch gab es ohne Aufpreis die gerade in Asien beliebten Flockvelourssitze während die Büroausstattung im Fond mit ausklappbarem Tisch in der Beifahrerrückenlehne, dortigem Laptop und Fax in der Mittelarmlehne mit mehr als 11.000 D-Mark abgesehen von der ebenfalls verfügbaren B6-Panzerung die offiziell teuerste Sonderausstattung war. Wer wollte, konnte im Fond auch eine elektrische Einzelsitzanlage, elektrisch bedienbare Jalousien rundum oder ein zusätzliches Autotelefon genießen, um bei Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h entspannt an Konferenzen teilzunehmen. Ebenfalls gegen üppige Aufpreise zu bekommen: eine hybdropneumatische Federung nebst Niveauregulierung oder der leicht grobschlächtige Reiserechner mit Radioweckercharme, der ins zeitlose 126er-Cockpit zwar einen Hauch Zukunftscharme zaubert, jedoch nicht so recht in das Runduhrenornat passen will und das Wurzelholzarrangement in der Mittelkonsole nennenswert entstellt.
Wer heute einen Mercedes 560 SEL der Baureihe W 126 besitzt, darf sich freuen. Die Werte für gut erhaltene Modelle stiegen in den letzten Jahren deutlich an und übertreffen bereits deutlich die Generationen W 116 und W 140. Ein gut erhaltenes Exemplar mit Historie und einer Laufleistung von unter 250.000 Kilometern ist unter 30.000 bis 35.000 Euro wohl kaum mehr zu bekommen. Dass die Versicherung und die Steuern als nunmehr offizieller Oldtimer deutlich weniger als bisher kosten, dürfte diesen Trend nur intensivieren.