Nicht nur Elektronikunternehmen steigen in China in die Automobilproduktion ein. Die Airline Juneyao bringt ihr E-Auto Juneyao Air auf den Markt. Nicht in China, sondern in Thailand. Flugtickets inklusive. Der Hersteller gewährt zudem eine Garantie über acht Jahre und eine über 800.000 Kilometer für den Akku. Zum Verkaufsstart gibt es noch weitere Boni wie eine einjährige kostenlose Versicherung, ein Gratis-AC-Ladegerät und eine dreijährige Goldmitgliedschaft bei Juneyao Air. Und das bei einem Einstiegspreis von umgerechnet 26.000 Euro. Der Juneyao Air soll jedoch nicht nur ein weiteres Elektroauto sein. Zusammen mit der Airline soll ein völlig neues, auf KI basierendes Reisekonzept entstehen. Batterietechnik und Elektroantrieb sind in China Standard. Juneyao konzentrierte sich bei der Produktentwicklung auf die KI-gestützte smarte Fahrzeugkabine, die mit der gesamten Reiseplanung vernetzt ist.
Das Konzept des Juneyao Air wurde erst Anfang 2024 vorgestellt. Die Geschwindigkeit der Produktentwicklung ist jedoch keine Hexerei. In China gibt es zu viele ineffektive, nicht erfolgreiche Autofabriken. Der dynamische Markt verlangt jedoch laufend nach besseren Produkten und erfolgreichen Herstellern mit neuen Konzepten.
Neustart im gescheiterten Yudo-Werk
Juneyao Air konnte das Werk des gescheiterten Herstellers YUDO New Energy Automobile (YUDO) von der Fujian Motors Group übernehmen. Fujian Motor hat wiederum Töchter und Beteiligungen unter anderem bei dem Joint Venture Soueast (Fujian) Motor mit Mitsubishi und an New Longma Motor. Darüber hinaus gehören viele vor- und nachgelagerte Lieferkettenunternehmen und Forschungsinstitute der Automobilindustrie dazu. Es gibt auch deutsche Partner. Sein Joint Venture Fujian Benz Automotive in der Provinzhauptstadt Fuzhou produziert hauptsächlich luxuriöse Großraumlimousinen. Fujian Benz Unternehmen baute das erste Forschungs- und Entwicklungszentrum von Daimler für Mercedes-Benz Transporter außerhalb Deutschlands auf.
Rund um das Werk gibt es ein funktionierendes Cluster der Automobilproduktion, der Elektronik und Batterietechnik sowie Forschungsinstitute. Da die verschieden Automobilcluster in China in hartem Wettbewerb stehen, unterstützt die Provinzregierung dieses neue Projekt intensiv und Juneyao kann von den bestehenden Forschungs- und Zulieferstruktur der 42-Millionen Einwohner-Provinz profitieren.Das 20 Hektar große YUDO-Werk verfügt über eine jährliche Produktionskapazität von 100.000 Elektro-Pkw. Es ist mit Werkstätten für Stanzen, Karosserieschweißen, Lackieren, Endmontage, einem Zentrum für Fahrzeugtests und Probeproduktion, einer Werkstatt für Batteriepacks und anderen Nebenanlagen ausgestattet. Die Produktion erfolgt über eine SKY-Plattform. Sie deckt ein breites Spektrum an Fahrzeugtypen ab, von der A- bis zur C-Klasse: Limousine, SUV, Coupé, MPV und andere Kategorien.
So treibt Geely den Newcomer Juneyao Air voran
Die Fahrzeugentwicklung leistet Geely Intelligent Drive, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Juneyao Group, die nicht mit dem Branchenriesen Geely Auto aus Hangzhou verwechselt werden sollte. Juneyao Air nutzt autonome Fahrtechnologie der Stufe 2+. „Mit einer Reihe technologischer Innovationen ist es uns gelungen, auf unserer Plattform eine vollständige virtuelle Produktwelt aufzubauen. Darüber hinaus haben wir einige Kommunikationsmechanismen und -schichten zwischen 3D-HMI- und Android-Systemen sowie spezielle Virtualisierungssysteme entwickelt“, erklärt Qin Yi, Executive Director von Geely Zhixun Intelligent Network.
Das Smart Cockpit der Modelle der Air-Serie umfasst sechs Kernmodule, die sich von herkömmlichen Cockpits unterscheiden. Das erste ist Mainstream-Hardware, eine Domänensteuerungsarchitektur und ein intelligenter rotierender Bildschirm; das zweite sind zwei 3D-Engines, um ein immersives interaktives System zu schaffen; das dritte ist ein KI-Reiseassistent, das vierte ist ein intelligenter mit anderen Systemen vernetzter Sprachassistent; fünftens ist ein Internet-Ökosystem integriert und als sechstes kommt ein KI-gestütztes virtuelles Ökosystem namens „Auspicious World“ zum Einsatz, erklärt Qin Yi.
Wie funktioniert Juneyao Airs digitale Identität?
Zu den Innovationen im Innenraum gehört außerdem ein reaktionsschnelles 3D-Fahrzeugsteuerungssystem. Es ermöglicht die Steuerung von Licht, Fenstern und Heckklappe mit nur einer Berührung. Wang Junjin, Vorsitzender der Juneyao Group, betont, dass die Strategie der Mutterfirma Juneyao Journey darauf abzielt, Benutzerdaten aus verschiedenen Geschäftsbereichen innerhalb der Gruppe zu nutzen und ein umfassendes System zu schaffen, das Cloud-Plattformen, intelligente Terminals und Reiseszenarien in das Fahrzeug integriert. Durch die Verwendung fortschrittlicher Datenintegration und intelligenter Algorithmus-Analysesysteme, einschließlich großer KI-Modelle, soll die Plattform die persönlichen Bedürfnisse der Benutzer dynamisch verstehen. Kunden benötigen nur eine „digitale Identität“, um das Erlebnis „von zu Hause zum Ziel, wie Sie es wünschen“ zu genießen. Wang als Mehrheitseigner hat auch genügend Kapital zum weiteren Ausbau im Hintergrund. Laut Forbes soll sich sein Vermögen auf 1,3 Milliarden US-Dollar belaufen.
Unklar ist, ob Juneyao seine Autos auf dem hart umkämpften chinesischen Markt verkaufen möchte. Der Autohersteller wird jedoch bald auch andere internationale Länder erschließen. Eines davon ist Kasachstan. Laut des kasachischen Außenministeriums befindet sich Juneyao Automobile in Gesprächen mit der lokalen Regierung über den Bau einer Montagefabrik. Eine Produkteinführung erfolgte bereits in Dschibuti – mit Blick auf den gesamten afrikanischen Markt. Auch wenn das Konzept in Europa noch fremd wirkt, könnte es größere Nischen besetzen und – da es sich von anderen Konzepten abhebt – seinen Markt vor allen in Schwellen- und Entwicklungsländer mit hohen Wachstumsraten finden. Dort wachsen neue Käuferschichten hauptsächlich mit neuen, smarten chinesischen Fahrzeugen heran, während die etablierten europäischen Autokonzerne große Marktanteile verlieren.