
In Köln produziert Ford in streikfreien Zeiten unter anderem den elektrischen Explorer. (Bild: Ford)
Bei den Kölner Ford-Werken hat erstmals in ihrer fast hundertjährigen Geschichte ein Streik begonnen. Mit der Arbeitsniederlegung möchte die IG Metall den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen und eine Korrektur des geplanten Sparkurses erwirken. Die Deutschlandtochter ist für den US-Mutterkonzern schon lange ein Verlustbringer. Der Ausstand soll am Donnerstagmorgen mit dem Ende der letzten Nachtschichten vorbei sein.
In den frühen Morgenstunden baute die Gewerkschaft Streikposten an den Werkstoren auf. „Die Arbeit ruht hier komplett“, sagte der IG-Metall-Sprecher bei Ford Köln, David Lüdtke, nach dem Beginn der ersten Frühschichten. Die Arbeitsniederlegung betreffe den ganzen Standort - also Produktion, Entwicklung, Verwaltung und andere Bereiche. „Wir lassen niemanden rein.“
Ausnahmen gibt es allerdings: An einem Notdienst-Tor haben bestimmte Mitarbeitende weiterhin Zutritt. „Und wer unbedingt Streikbrecher sein will, der käme auch rein - aber mit dem werden wir vorher noch sprechen“, sagte Lüdtke.
Was sind Eckpunkte des Streits zwischen IG Metall und Ford?
Derzeit haben die Ford-Werke 11.500 Beschäftigte, bis Ende 2027 sollen 2.900 Stellen abgebaut werden. Die Gewerkschaft fordert hohe Abfindungen für Mitarbeiter, die freiwillig die Firma verlassen oder in einem Geschäftsbereich arbeiten, der an einen externen Dienstleister ausgelagert wird. Wer bleibt, soll von einem finanziellen Schutzschirm profitieren.
Ford baut in Köln zwei Elektroautos, deren Verkauf aber unter den Erwartungen liegt. Die Ford-Werke GmbH wurde 1925 in Berlin gegründet, 1930 bezog sie ihren Stammsitz in Köln.
Erster „richtiger" Gewerkschaftsstreik
Einen Streik einer Gewerkschaft haben die Ford-Werke noch nie gehabt. 1973 war es zu einer „wilden“ - also nicht gewerkschaftlich organisierten - Ausstand von türkischen Mitarbeitern gekommen, die sich gegen die Entlassung von 300 Landsleuten und generell gegen Diskriminierung wehrten. Ihr Protest blieb damals ergebnislos, weder Betriebsrat noch Gewerkschaft unterstützten sie.
Mit diesem lange zurückliegenden Arbeitskampf hat der aktuelle Streik nichts mehr zu tun. Für ihn hatte die IG Metall Anfang Mai eine Urabstimmung durchgeführt, die eine Streik-Zustimmung von 93,5 Prozent der bei Ford arbeitenden IG-Metall-Mitglieder ergab. Nun begann der erste Arbeitskampf für einen Tag.
Betriebsrat droht mit weiteren Streiks
Nach Einschätzung des Betriebsratschefs von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka, erhöht sich der Druck auf den Arbeitgeber durch den Streik nun deutlich. „Das tut schon weh, das kostet ihn ein paar Millionen heute“, sagte der Betriebsrat. Sollte sich das Management inhaltlich nicht bewegen, werde es weitere Ausstände geben. „Dann werden wir weitere Streiktage anlegen und dann tut es immer mehr weh.“
Gruschka betonte die Bedeutung des Arbeitskampfes. Er verwies darauf, dass der US-Mutterkonzern eine Patronatserklärung - eine Art Bürgschaft für die Ford-Deutschlandtochter - gekündigt und dadurch „den Finger an den Knopf einer möglichen Insolvenz“ gelegt habe. „Die Kollegen wissen, dass es um alles oder nichts geht.“ Durch das Ende der Patronatserklärung ist eine Insolvenz der Ford-Werke GmbH theoretisch möglich, vorher war sie es nicht.
Die IG Metall pocht auf einen finanziellen Schutzschirm der US-Mutter für die Beschäftigten, der im Falle so einer Insolvenz greifen würde. Derzeit ist eine Insolvenz reine Theorie, zumal der Schuldenberg von Ford Deutschland nach einer US-Finanzspritze zuletzt deutlich vermindert wurde.
Ein Ford-Sprecher gab sich nach dem Streikbeginn optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, im gemeinsamen Gespräch mit unseren Sozialpartnern zu einer Einigung zu kommen.“
Hoffnungsschimmer am Horizont
Der US-Mutterkonzern Ford ist erfolgreich mit Nutzfahrzeugen und Pick-ups, die werden allerdings nicht in Deutschland hergestellt. Die auf Europa fokussierten Autos sind für Ford ein Verlustbringer. Nur wenn sich das ändert, hat der Kölner Standort eine Zukunft - das ist allen Beteiligten klar.
Der Ford-Marktanteil lag 2024 im deutschen Autogeschäft nur noch bei 3,5 Prozent und damit 1,5 Punkte niedriger als 2022. Der Verkauf der neuen Elektro-Autos liegt bislang unter den Erwartungen. Zuletzt gab es aber einen leichten Hoffnungsschimmer: Im April legte die Anzahl der neu zugelassenen Ford-Pkw im Vergleich zum Vorjahresmonat um 15,2 Prozent zu, damit stieg der Marktanteil auf 3,9 Prozent.