Ford automatischer 3D-Druck

Mit neuen Robotik-Systemen möchte Ford den 3D-Druck weiter automatisieren. (Bild: Ford)

In einem neuen Ansatz kombiniert Ford Robotik mit additiven Fertigungstechnologien und möchte so eine völlig autonome und automatisierte Anwendung additiver Techniken ermöglichen. Der Hersteller testet entsprechende Systeme aktuell in seinem Advanced Manufacturing Centre in Redford, Michigan in den USA. Zum Be- und Entladen der additiven Fertigungsmaschinen wird ein mobiler Roboter eingesetzt, der einen kontinuierlichen 24-Stunden-Betrieb der Maschinen ermöglicht, selbst wenn keine menschlichen Bediener oder Kontrolleure vor Ort sind.

Der rollbare Roboter stammt von Kuka, die additiven Fertigungsmaschinen kommen von Carbon, einem US-amerikanischen Unternehmen für additive Fertigungstechnologien. Ein Zusammenspiel dieser beiden Systeme ist nach Ansicht des OEMs eine absolute Branchenneuheit, die weitreichende Auswirkungen auf die weitere Verbreitung der additiven Fertigungstechniken in der Automobilindustrie haben könnte. Jason Ryska, Direktor für die globale Entwicklung von Fertigungstechnologien bei Ford, bekräftigt diese Ansicht. „Aktuell nutzt das Advanced Manufacturing Centre zwei Carbon M2-Drucker mit einem autonomen mobilen Roboter (AMR) von Kuka“, erläutert er. „Die Drucker arbeiten mit einem flüssigen Fotopolymer, das ebenfalls von Carbon geliefert wird.“

Ryska weist darauf hin, dass diese Drucker bereits vor der Funktionserweiterung in einer konventionelleren Fertigungsanordnung zum Einsatz kamen. „Bevor wir den autonomen Roboter in Betrieb genommen haben, haben wird sie manuell betrieben“, führt er weiter aus. „Dieser neue Prozess ist allerdings erst seit ein paar Monaten voll betriebsfähig.“

Maschinenkommunikation als Herzstück des Projekts

Das A und O im Zusammenspiel aus additiver Fertigungsmaschine und Roboter ist die Kommunikation. An diesem Punkt des Projekts ging es im Wesentlichen darum, bereits vorhandene technische Möglichkeiten zu nutzen, um innovative Leistungsziele zu erreichen, führt Ryska weiter aus. „Wir haben ein Standard-Kommunikationssystem eingerichtet, das wir so auch bei allen anderen Bearbeitungsmaschinen in unserer Fertigungshalle einsetzen würden“, ergänzt er. Allerdings komme dieser etablierte Ansatz nun für eine vollkommen neue Aufgabe zum Einsatz.

Die Bewegungsabläufe des Roboters basieren auf einem ausgeklügelten Mix aus Vorprogrammierung, die eine möglichst große Konsistenz auf dem gewünschten Verfahrweg gewährleistet, und großer Flexibilität, die dabei helfen soll, unerwartete Hindernisse problemlos zu überwinden. „Der Roboter arbeitet mit einer digitalen Karte der Anlage, einer sogenannten SLAM-Karte (Simultaneous Localisation & Mapping), und bewegt sich auf einem vorprogrammierten Pfad“, so Ryska. „Außerdem verfügt er über Sensoren, die mögliche Objekte auf seinem Weg erkennen, sowie über eine integrierte KI, die es ihm ermöglicht, um diese Objekte herum zu navigieren.“

Dass dieser kombinierte Prozess aus Roboter- und additiver Fertigung „vollkommen autonom“ abläuft, bedeute jedoch nicht, dass der Roboter für andere Aufgaben nicht zur Verfügung steht. „Der Roboter ist nicht in einer Position fixiert oder an ein festes Portalsystem gebunden“, so der leitende Ingenieur. „Sobald der AMR seine Arbeit an den Carbon-Systemen abgeschlossen hat, kann er problemlos eine andere Aufgabe an einer anderen Stelle übernehmen.“

Ungewöhnlich ist jedoch, dass alle Bewegungen des Roboters sowohl beim Manövrieren als auch bei der Handhabung von Teilen ohne die Hilfe von Kameras erfolgen. Nach Angaben von Ryska hat der US-amerikanische Hersteller mehrere Patente in Bezug auf den Gesamtprozess, die Kommunikationsschnittstellen und die präzise Roboterpositionierung angemeldet. Allerdings sind aktuell noch keine weiteren Details dazu bekannt.

Die Roboterfunktionen der Anwendung basieren auf einer Kombination zweier unterschiedlicher Elemente. „Der autonome mobile Roboter (AMR) verfügt über zwei Achsen und 360 Grad Bewegungsfreiheit“, so Ryska. „Er ist jedoch mit einem sechsachsigen kollaborativen Roboter, einem sogenannten Cobot, gekoppelt, der an ihm angebracht ist. Durch die Rotation wird er dann zu einem siebenachsigen Cobot auf einer vollkommen autonomen, omnidirektional beweglichen Roboterbasis.“ Bei der verwendeten Hardware handelt es sich um eine handelsübliche Lösung, die für die Anwendung nicht modifiziert wurde. „Sowohl der AMR als auch der Roboter sind im Handel erhältliche serienmäßige Standardprodukte“, betont der Experte. „Allerdings wurden einige kundenspezifische Programmierungen daran vorgenommen und ein paar kundenspezifische Werkzeuge für den Robotergreifarm entwickelt.

In Hinblick auf den unmittelbaren, praktischen Nutzen als Fertigungsanlage sei anzumerken, dass hier bereits Teile für drei aktuelle Serienfahrzeuge von Ford hergestellt wurden. „Die Anlage wurde bereits für kleinere Produktionsmengen oder kundenspezifische Druckerzeugnisse verwendet“, bestätigt Ryska. „Solange das Teil in den Drucker passt, das heißt, solange es maximal 189x118x326 mm groß ist, kann im Prinzip jedes beliebige Teil hergestellt werden. Eine der hier hergestellten Komponenten ist eine Bremsleitungshalterung für den Mustang Shelby GT500 mit Performance-Paket.“ Bei einer weitere Komponente handle es sich um ein Bauteil, das in einer der Varianten der F-150 Truck-Reihe zum Einsatz kommt.

3D Druck Ford
Bei Ford übernimmt ein autonomer Roboter die Steuerung der additiven Fertigung. (Bild: Ford)

Die ambitionierte 3D-Druck-Strategie von Ford

Folgt man den Erläuterungen Ryskas zur längerfristigen Fertigungsstrategie von Ford, wird deutlich, dass die Anlage im MTC für den Hersteller mehr als nur Kleinmengen produzieren soll. „Der Status der additiven Fertigung ist bei Ford heute längst über die experimentelle Phase hinaus“, erklärt er. „Ford nutzt bereits seit über zehn Jahren additive Fertigungstechnologien. Heute sind weltweit über zweihundert Drucker an unseren Standorten rund um den Globus im Einsatz.

Aktuell findet ihre Nutzung jedoch innerhalb weniger eng definierter Parameter statt, beispielsweise zur Unterstützung der Produktion oder für Autoteile auf Polymermaterial-Basis. Im Gegensatz dazu ist der Metall-3D-Druck noch auf den experimentellen Bereich beschränkt, es gibt jedoch Anzeichen, dass sich das in absehbarer Zeit ändern könnte. „Wir sind sehr aktiv im Bereich der Metallforschung“, erläutert Ryska.

Konkret nennt Ryska vier Bereiche, in denen Ford – in unterschiedlichem Umfang – versucht, die additiven Technologien zu nutzen. Der erste Bereich ist die Nutzung zur Herstellung von Arbeitsgeräten wie Werkzeugen und Halterungen sowie entsprechenden Ersatzteilen. „Ich erhalte tagtäglich unzählige E-Mails, in denen mir mitgeteilt wird, dass die additive Technologie genutzt wurde, um etwas zu ersetzen, was kaputt gegangen ist“, erläutert er.

Der zweite Bereich ist die eigentliche Produktion von Teilen für Straßenfahrzeuge. Wie der gegenwärtige Betrieb der neuen, robotisierten Anlage in Redford sehr zeige, habe sich dies inzwischen ebenfalls etabliert, wenn auch mit Mengenbeschränkungen von jährlichen Stückzahlen im höchstens einstelligen Tausenderbereich. In der Regel handelt es sich bei den in Autos verwendeten Teilen laut Ryska „um Komponenten, die nicht zur Klasse A gehören und die der Kunde nicht sieht.“ Ein solches Teil wäre beispielsweise ein additiv gefertigter Spulenisolator.

Die anderen von Ryska genannten Bereiche müssen jedoch erst noch in kommerziellem Maßstab erschlossen werden. Einer dieser Bereiche umfasst die Serviceteile, vor allem bei minimalen Stückzahlen. „Der Unterhalt von Werkzeugen für Kleinstserien ist mit hohen Kosten verbunden“, bekräftigt er.

Und genau an dieser Stelle ist die neue Anlage in Redford wegbereitend für die Zukunft. Laut Ryska reichen ein oder zwei Drucker an einem Standort aus, um geringe Stückzahlen herzustellen und den Ersatzteilbedarf zu befriedigen, während für mittlere bis hohe Stückzahlen viele Drucker benötigt werden. Er hält ein Szenario für möglich, in dem eine „Druckfabrik mit 20 bis 50 Druckern 24 Stunden täglich an 7 Tagen der Woche autonom arbeitet“. Das Redford-Projekt ist, wie er unmissverständlich sagt, „in erster Linie darauf ausgerichtet, herauszufinden, was die Voraussetzungen dafür sind“.

Additives Fertigungspotenzial im industriellen Maßstab

Für die Zukunft sieht Ryska ein enormes Potenzial für den Einsatz additiver Technologien in der Serienfertigung. „Überall dort, wo man mehrere Teile in einem gedruckten Produkt kombinieren kann, lassen sich die Herstellungsprozesse und die Komplexität der Lieferkette reduzieren“, so Ryska. „Das ist eine große Chance für uns.“

Zudem merkt Ryska an, dass die additiven Technologien nicht den mit anderen Fertigungsverfahren einhergehenden geometrischen Einschränkungen unterliegen und daher eine größere Designfreiheit bieten, um höhere Leistungsziele zu erreichen. „Unser Ziel ist es daher, Teile auszuwählen, die für das Design oder die Herstellung von Nutzen sind, und nicht nur, weil sie technisch machbar sind“, führt er aus. „Man muss Teile auswählen, die dem Unternehmen einen Vorteil bieten. Nur weil man etwas drucken kann, heißt das nicht, dass man es auch tun sollte.“ In der Tat, so sagt er, sind die von Ford verwendeten additiv gefertigten Teile bereits nach diesen Gesichtspunkten konzipiert. Hat Ford nun die Absicht, weltweit robotergestützte Verfahren einzusetzen? Ryska denkt eine Sekunde nach, bevor er antwortet: „Wie es aussieht ist das sehr gut möglich. Es ist noch nichts offiziell, aber wir arbeiten darauf hin.“

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache bei automotive manufacturing solutions.

 

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