Mit einer hochautomatisierten Produktion, einer digitalen Qualitätsstrategie und einer klaren Ausrichtung auf die Automobilindustrie will die Fab 1 Maßstäbe setzen. Der Standort wurde dafür mit dem Automotive Lean Production Award 2025 ausgezeichnet.
Sichtlich stolz berichtet Manfred Horstmann, Senior Vice President of Global Fab Engineering Services and General Manager European Fabs, auf der Bühne des Automotive Lean Production
Kongress in Poznan über das Dresdner Werk. Immer wieder macht er deutlich, welche
Bedeutung der Standort heute für die europäische Industrie habe. Dresden ist die
größte Fertigung von GlobalFoundries in Europa und gehört zu den wenigen
Standorten, die den gesamten Prozess vom Wafer bis zum Packaging anbieten. Die
Fab 1 ist nicht nur der größte Reinraumkomplex Europas, sondern seit der
Halbleiterkrise ab 2020 auch zu einem zentralen Versorgungspfeiler für die Automobilindustrie
geworden. Innerhalb weniger Jahre stieg der Anteil der Automotive-Produktion
von einem kaum messbaren Wert auf mehr als ein Viertel des gesamten Outputs.
Mikrocontroller, Radar- und Sensorsysteme, Kamera-ICs und Displaytreiber,
gefertigt von rund 3.000 Mitarbeitenden im Schichtbetrieb, fließen direkt in
sicherheitskritische Fahrzeugarchitekturen ein. Würde man die Anlage heute neu
errichten, läge der Investitionsbedarf bei rund 20 Milliarden US-Dollar.
Wachstum unter Hochdruck und ein Werk im permanenten Takt
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Manfred Horstmann auf der Bühne des ALP 2025.Stankiewicz
Die globale Chipkrise wirkte wie ein Beschleuniger. Die
Nachfrage aus der Automobilbranche stieg sprunghaft an, während Dresden
gleichzeitig erweitert und technologisch modernisiert wurde – und das alles bei
laufendem Betrieb. Die Fertigung ist hochautomatisiert. Fahrerlose
Transportsysteme bewegen die Siliziumscheiben durch eine Prozesskette von rund
1.500 Schritten, die sich über fast 90 Tage erstrecken. Jeder Fehler in den
frühen Phasen wirkt sich unmittelbar auf Ausbeute und Liefertreue aus. Horstmann
beschreibt die Herausforderung mit einem klaren Bild: In der Automobilindustrie
lässt sich ein Bauteil notfalls noch überarbeiten. In der Halbleiterfertigung
gibt es diese Möglichkeit nicht. Der Prozess muss in jeder Sekunde stabil sein.
Genau das machte die Skalierung der Automotive-Volumina zu einer der größten
Aufgaben für das Werk. Es ging nicht nur darum, mehr Chips zu produzieren,
sondern vor allem darum, Störungen in einem Ausmaß zu kontrollieren, das
deutlich über dem üblichen Standard liegt.
Die Antwort auf diese Herausforderung entwickelte Dresden
über Jahre hinweg. Eine vollständig digitalisierte Qualitätsstrategie, die als
„Line of Defense“ bezeichnet wird, ist heute fester Bestandteil der Fertigung.
Sie umfasst mehrere Ebenen von LoD0 bis LoD4 und basiert auf einem zentralen
Prozess: Fault Detection and Classification. Jede Anlage wird permanent
überwacht, ihre Signale werden in Echtzeit analysiert. Mehr als eine Million
Datenpunkte pro Tag fließen in eine Cloud-Plattform, wo sie mithilfe von künstlicher
Intelligenz und Zeitreihenanalysen ausgewertet werden. So ließen sich selbst
kleinste Abweichungen frühzeitig erkennen und beheben, bevor sie sich auf die
Qualität auswirken.
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Die Sensorik erfasst statistische Veränderungen, die
anschließend von KI interpretiert werden. Ziel ist es, Auffälligkeiten vor dem
nächsten Prozessschritt zu identifizieren und standardisierte Gegenmaßnahmen
einzuleiten. Die Fehlererkennung auf Werkzeug- und Anlagenebene hat sich seit
Einführung des Systems mehr als verdoppelt. Ein spezialisiertes Team entwickelt
auf Basis dieser Daten digitale Problemerkennungsfelder und legt für jeden
Prozessschritt individuelle Eingriffsgrenzen fest. Alle Informationen werden in
einer Cloud gespeichert und fließen in das Design for Manufacturing ein, um die
Robustheit der Chips gegenüber Prozessvariationen zu erhöhen.
19 Jahre Automotive Lean Production – Award & Study
„Von den Besten lernen!" ist das Motto des Automotive Lean Production Awards, den Agamus Consult jährlich in Zusammenarbeit mit der Automobil Produktion vergibt. Ausgezeichnet werden die Best Performer der gleichnamigen europaweiten Benchmarkstudie in den Kategorien OEM, Supplier und Special Awards. Auf der Suche nach der Automotive Fabrik der Zukunft stehen wir noch am Anfang. Wie wird eine gelungene Symbiose von Mensch und Technologie aussehen? Aktuell werden die Antworten auf Zukunftsfragen entwickelt. Diese spannende Zeit wird mit Automotive Lean Production - Award & Study aktiv begleitet. Das Ziel der Initiative ist die Etablierung eines Benchmark für Lean und Digitalisierung in der europäischen Automobilindustrie.
Darüber hinaus ermögliche die Integration in die
Produktionssteuerung die Einführung des „Preferred Tool Path“. Aufträge werden
jeweils auf dem am besten geeigneten Tool gefertigt. Das Ergebnis: Die Kosten
für Nichtqualität sanken um mehr als 60 Prozent, die Ausbeute stieg deutlich,
Rücklaufquoten gingen zurück. Gleichzeitig verbessere sich die ökologische
Bilanz, da weniger Ausschuss und damit weniger Energieverbrauch anfällt.
Ein digitales Rückgrat für die Automobilindustrie
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Mit dieser Strategie will GlobalFoundries nicht nur
seine Prozesssicherheit stärken, sondern Maßstäbe für die gesamte Branche setzen.
Die hohen Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie lassen kaum Raum für
Fehler. Die Line-of-Defense-Strategie ist seit 2021 fester Bestandteil der
Mitarbeiterschulungen und prägt das Selbstverständnis der Belegschaft. In
Dresden ist eine Produktionskultur entstanden, die nicht allein auf
Automatisierung setzt, sondern auf digitale Wachsamkeit und vorausschauende
Steuerung.
Die Jury des Automotive Lean Production Awards würdigte
diese Leistung als beispielhaften Beitrag zur Resilienz der automobilen
Lieferkette. Für die Umsetzung erhielt GlobalFoundries Dresden
den Award 2025 in der Kategorie „Digital Use Case Supplier“. Horstmann bringt
es auf den Punkt: „Daten helfen nicht nur, Fehler zu vermeiden. Sie verändern
die Art und Weise, wie wir Fertigung denken.“
Die Fab 1 in Dresden ist bekannt für ihre modernen
Produktionsanlagen und ihre breite Palette an Anwendungen. Sie fertigt GPS- und
Radar-Chips, Audio-Wandler für Smartphones, Treiberchips für OLED-Displays und
Elektronik für Spracherkennungssysteme. Mit dem wachsenden Engagement im
Automobilsektor werden die Chips aus Dresden künftig verstärkt in
sicherheitskritischen Fahrzeugarchitekturen eingesetzt – von
Fahrerassistenzsystemen bis hin zu Radar- und Kameralösungen für autonomes
Fahren.
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Die strategische Bedeutung des Standorts wird auch durch
den EU Chips Act unterstrichen. Dresden sei laut der Jury ein Schlüssel für die
technologische Souveränität Europas. Geplante Erweiterungen und Investitionen
in neue Technologien wie FD-SOI und energieeffiziente Designs sollen die
Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken. Damit soll GlobalFoundries Dresden ein
Eckpfeiler der europäischen Halbleiterfertigung und ein Vorreiter für digitale
Exzellenz in der Produktion bleiben.