Schnelllader sind in aller Munde und gelten als das Allheilmittel für die Langstrecken-Elektromobilität. Innerhalb von wenigen Minuten sollen die Batterien der Reichweitenmonster bis zu mindestens 80 Prozent gefüllt sein. Das klingt verheißungsvoll, bedingt aber eine entsprechende Infrastruktur. Und diese zu installieren kosten viel Geld. Verlieren die Gegenden mit einem schwach ausgebauten Stromnetz bei der Elektromobilität den Anschluss?
Lokale Energiespeicher können eine Lösung sein. Ausrangierte Batterien stellen keine langfristige Lösung dar. Die Akkus beinhalten teure und seltene Rohstoffe und sind nicht unbegrenzt haltbar. Was also tun? Das israelische Start-up Chakratec lädt die Elektroautos mit Hilfe einer kinetischen Energie, um genau zu sein, einem Schwungrad wieder auf. Auf den ersten Blick wirkt die Technik nicht besonders spektakulär: Zehn schwarze Metallzylinder, in denen die Schwungräder mit einer Drehzahl von 16.000 bis 18.000 U/min ihre Arbeit verrichten, sind in einem Container platziert und speichern den Strom kinetisch. Eine dieser Dosen hat aktuell eine Kapazität von drei Kilowattstunden, insgesamt sind es 30 kWh.
Hängt jetzt ein Elektroauto an der Stromzapfsäule, verwandelt sich das Schwungrad beziehungsweise das System in einen Generator, der die gespeicherte Energie wieder abgibt. Das kinetische Schwungrad presst die in Strom umgewandelte Energie in die Akkus des Fahrzeugs und gleicht so Kapazitätsschwächen einer ungenügend ausgebauten Strom-Infrastruktur aus. "Wir ermöglichen überall das Schnellladen", erklärt Chakratec-Mitbegründer Nir Zohan.
Geringer Verschleiß, keine Chemie
Der aktuelle Chakratec "Kinetic Power Booster" (KPB) hat eine maximale Ausgabekapazität von 90 bis 100 Kilowatt, nominell sind es 50 kW. Wenn das Stromnetz also 50 Kilowatt liefert, lädt das Chakratec-System die Akkus für rund 20 Minuten mit 100 Kilowatt. Sobald die Kapazität der Schwungräder aufgebraucht ist, werden die Akkus des Autos nur noch mit dem vorhandenen Stromnetz gefüllt. Ab dem zweiten Quartal 2020 soll die Kapazität um den Faktor 2,5 steigen, ohne dass mehr Platz benötigt wird. Die 25 kompakteren Schwungräder, die sich dann in dem Container befinden, geben 130 kW ab. Das resultiert laut Chakratec in einer Ladekraft von 180 Kilowatt für 15 Minuten, wenn das Stromnetz 50 kW liefert.
Die Vorteile des Chakratec-Systems liegen auf der Hand: während Batterien mit zunehmender Anzahl der Ladezyklen "altern" und an Leistungsfähigkeit verlieren, hat das Chakratec-Konzept kaum Verluste. Die Techniker gehen von einer Lebensdauer von 20 Jahren aus. Die Effizienzbilanz ist mit 85 Prozent ebenfalls sehr gut. Die Schwungräder haben einen Verlust von einen bis zwei Prozent pro Stunde. Solarzellen, die auf dem Dach des Containers angebracht sind, sollen das ausgleichen und die übrigen Verbraucher, wie die Klimatisierung mit Strom versorgen.
Langfristig günstig
Die Schwungräder sind so gut gelagert, dass sie sich vier Tage weiterdrehen, wenn der elektrische Strom versiegen würde. Vor allem die Leistungsspitzen, wenn Strom im Überfluss vorhanden ist, werden genutzt, um die kinetischen Energiespeicher aufzuladen, ähnlich, wie das beim Rekuperieren bei einem Auto der Fall ist. Auch wenn der Strom nur "tröpfchenweise" fließt, bauen die Schwungräder stetig Energie auf, dann eben nur langsamer.
Bleibt noch die Kostenfrage. Die israelischen Tüftler machen eine einfache Rechnung auf. Mit einem Preis von rund 3.000 US-Doller pro Kilowattstunde ist ihr System zunächst deutlich teurer als eine herkömmliche Lithium-Ionen Batterie, die etwa mit 300 Dollar pro kWh veranschlagt wird. Der entscheidende Faktor sind die Ladezyklen. Da stehen 2.000 bei der Batterie 200.000 bei der kinetischen Lösung entgegen. Das bedeutet, dass die Akkus mit 15 Cent pro Ladezyklus zu Buche schlagen, während es bei den Schwungrädern ein Cent pro Zyklus ist.
Die Technik passt in einen klassischen zwölf Zoll-Container, nimmt also in etwa den Raum von zwei Parkplätzen ein. Das Gewicht beträgt 10.000 Kilogramm. Also kann man das Ladesystem nicht überall aufstellen. In der endgültigen Ausbaustufe haben die Container Abmessungen von 4,50 x 2,35 x 2,65 Meter. Versuchsanlagen sind bereits am Wiener Flugplatz und an einer italienischen Rennstrecke installiert, in Prag soll demnächst eine folgen.