Wer einen aktuell einen VW Polo bestellen will, sucht vergeblich nach einem Dieselmotor. Beim Einsteigermodell "Trendline" sieht der Konfigurator sogar lediglich den 1,0-Liter-Dreizylinder mit 59 kW / 80 PS vor. Beim Rüsselsheimer Konkurrenten Corsa findet man immerhin noch einen Selbstzünder, wogegen der Ford Fiesta auf Benziner setzt und diese teilweise mit einem MHEV-Modul elektrifiziert. Vor zehn Jahren sah das noch ganz anders aus. Aber mittlerweile zieht sich das Dieselsterben bei den Kleinwagen schon eine Weile lang hin. Ein Grund ist der schnöde Mammon: Gerade im A- und B-Segment sind die Gewinnmargen bei den Fahrzeugen gering und das Geschäftsmodell auf Kante genäht.
Deswegen streichen die Autobauer zunehmend die Selbstzünder aus dem Programm. Schließlich ist dieser Motor generell in der Herstellung oftmals noch immer etwas teurer als ein Benziner und diese Schieflage verschärft sich mit den strengeren Abgasnormen. Technische Kniffe wie ein SCR-Katalysator kosten Geld und der Kleinwagen-Kunde ist eben nur bereit, einen gewissen Preis für sein Fahrzeug zu zahlen. Zudem ist der Konkurrenzkampf in diesem Segment besonders hart. Gutes Geld kann nur mit großen und möglichst teuren Autos verdient werden. Um vernünftigen Gewinn zu machen, sind möglichst große Synergieeffekte nötig, wie sie etwa der VW-Konzern bietet. Deswegen haben einige Klein- und Kleinstwagen wie der Opel Adam oder die Alfa Romeo Mito bereits das Zeitliche gesegnet. Beim Opel Karl ist der Hammer ebenfalls bereits gefallen.
Die Rüsselsheimer Kleinstwagen teilen das Los mit anderen Segmentgenossen. Der Ford Ka, immerhin Star im James-Bond-Abenteurer "Ein Quantum Trost" ist Geschichte. Ebenso das Suzuki-Duo Celerio und Baleno, bei Nissan musste der Minivan Note daran glauben und der einstige Hoffnungsträger der Stadt-Querparker Smart wird nur noch als Elektromobil weiterleben. Das gleiche Schicksal hat die Zwillinge Skoda Citigo und Seat Mii ereilt, die es zuletzt nur noch als Elektroautomobil gab. Während der Skoda aktuell von der Homepage verschwunden ist, ist der Seat immerhin noch sichtbar, allerdings mit dem Hinweis, dass alle Modelle des Jahres 2020 verkauft sind.
Fokussierung auf Gewinn
Das Ausdünnen der einst so beliebten Dieselversionen ist noch lange nicht vorbei. Laut einer Analyse des Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen haben die Automobilbauer seit dem Jahr 2015 bei insgesamt 24 Modellreihen die Dieselvarianten gestrichen, bei etwa 40 weiteren sei der Dieselanteil bei den Neuzulassungen so stark gesunken, dass die Strategen in den Automobilzentralen über ein Streichen dieser Versionen nachdenken. Laut dem CAR-Institut sind die Verkaufszahlen in Deutschland für Dieselmodelle in diesem Jahr auf einen Tiefstand von 29,9 Prozent gesunken. Besonders auffällig ist das bei Autos wie dem Fiat 500L oder dem Audi A1. Vor dem Dieselskandal lag der Selbstzünder-Anteil in Deutschland über alle Segmente und Modellreihen hinweg bei gut 47 Prozent.
Bei den deutschen Premium-Trio Audi, BMW und Mercedes denkt man intensiv darüber nach, in Zukunft die Modelle unterhalb der Mittelklasse-Fahrzeuge nicht mehr mit einem Selbstzünder auszustatten. Im Falle von Mercedes spielt das dem Konzernchef Ola Källenius in die Karten, der sich ohnehin mehr auf die ertragreichen Luxusfahrzeuge konzentrieren und bei den Kompaktmodellen das Portfolio straffen will. Letztendlich ist "straffen" ein anderer Ausdruck für Ausdünnen oder streichen. So steht die B-Klasse auf dem Prüfstand. Ein Kleinwagen steht ohnehin nicht zur Disposition und in Zukunft wird der mögliche Profit die Portfolioentscheidungen entscheidend beeinflussen. Statt "Das Beste oder nichts" könnte man überspitzt formulieren "Gewinn oder nichts".