"Ich möchte Menschen glücklich machen und ihnen damit ein Lächeln ins Gesicht zaubern", verrät Akio Toyoda, seines Zeichens Chef des ähnlich klingenden Automobilherstellers Toyota. "Aber warum lässt er dann nicht einfach mal hübsche Autos bauen? Aber vielleicht meint er ja lustige Autos. Dann passt es wieder", könnte die passende Antwort darauf klingen. Denn beim Anblick des neuen Prius+ fällt es schwer, sich für seinen Besitzer oder gar sich selbst über das Design zu freuen. Der Prius ist und bleibt aber natürlich das Vorzeige-Vollhybridmodell der Marke Toyota. Mehr als sieben Millionen Kunden können sich nicht irren, der spacig-designte Japaner kommt an. Und eines darf bei all der Design-Schelte nicht vergessen werden: Wer am Steuer des Prius sitzt, muss ihn ja auch nicht von außen sehen.
Dafür aber von innen. Wird über den gewaltigen Plastikanteil im Cockpit einmal hinweggesehen - na gut, dann bleibt nicht mehr viel übrig - und sich auf das Wesentliche konzentriert, sprich Bedienernutzen und Praktikabilität, macht der nach Abzug der 3.000 Euro-Hybridprämie 28.500 Euro teure Toyota Prius+ eine ganz passable Figur.
Die Bedienelemente sind alle gut erreichbar, das Infotainmentsystem selbst erklärend und das Head-Up-Display selten so begehrt wie hier. Denn ohne seine Anwesenheit müsste die Geschwindigkeit in digitaler Form aus dem mittig auf der Mittelkonsole installierten Instrumentenfenster abgelesen werden. "Ist Gewöhnungssache", sagen die einen. "Hab ich kein Bock drauf", sagen die anderen. Den Hybridsystem-Indikator finden hingegen fast alle Insassen, zumindest für ein paar Augenblicke, spannend. Auf ihm wird grafisch dargestellt, wo gerade welche Leistung abgerufen und/oder hingeleitet wird. Besonders viele grüne Pfeile gibt es, wenn der Automatik-Wahlhebel von D auf B gelegt wurde. Denn in diesem geBremsten Modus rekuperiert der Japaner stärker und der Hauch eines sogenannten Ein-Pedal-Gefühls deutet sich an. So richtig stark bremst der 1.645 Kilogramm schwere Prius+ aber auch dann nicht ab.
Wird der 1,8 Liter große Vierzylinder-Benzinmotor mit seinen 99 PS zum Leben erweckt, passiert erstmal wenig. Denn in vielen Fällen hat erst einmal der 82 PS starke Elektromotor das Zepter in der Hand. Einem lautloses Anlassen beziehungsweise dann auch Anfahren steht im Prinzip nichts im Wege. Zwei Kilometer sollen laut Toyota theoretisch aber eigentlich auch praktisch, denn immerhin wird es so in die Welt hinausposaunt, rein elektrisch zurückzulegen sein. Soviel zur Theorie. Denn, mit Ausnahme des Falles, in dem der Prius+ auf einem Berggipfel geparkt wurde und es ausschließlich bergab geht, macht in kürzester Zeit der Verbrennungsmotor auf sich aufmerksam. Zwar auch nicht störend laut. Aber wenn vorher gar nichts zu hören ist, kommen einem auch vermeidlich leise Motorengeräusche wie ein schlecht klingendes Orchester vor. Gleichzeitig sorgt das bei Betätigung der EV-Taste, die den Verbrenner eigentlich in den Tiefschlaf verbannen soll, im Display auftauchende "Der EV-Modus ist gerade nicht verfügbar", wie eine stete Ohrfeige ins Gesicht des umweltbewussten Autofahrers.
Viel Platz
Damit der Arbeitsbeginn des Verbrenners möglichst weit hinausgezögert wird, hat sich Toyota aber immerhin ein nettes Gimmick, beziehungsweise eine nette Applikation ins Bordsystem installieren lassen. Die Wasserglas-App soll Prius-Fahrer zum defensiven Anfahren motivieren. Das Prinzip ist simpel: Wer zu rasch anfährt, verschüttet digitales Wasser. Nett gemeint, allerdings ein wenig ablenkend. Der Vorteil beim Wasserverschütten liegt jedoch leider auf der Hand: Die Gesamtleistung steigt auf 139 PS, so dass das Gefühl in Kaugummi zu treten ein wenig weicht. Denn eine Fahrt im maximal 165 Kilometer pro Stunde schnellen Fronttriebler wirkt nicht nur marketingfreundlich ausgedrückt entschleunigend.
Der in Aussicht gestellte positive Effekt von lediglich 4,1 Liter Benzinverbrauch auf 100 Kilometern wird in der Praxis leider um bis zu zwei Liter verfehlt. Und das trotz 500 Kilometer langer, Stop-and-go freier, gemütlicher Tempo 100-Autobahnfahrt mitten durch die flachen Niederlande. Zum Vergleich: Ein 540 PS starker V8-Supersportwagen der Marke McLaren braucht bei gleicher Fahrweise nur zwei Liter mehr auf 100 Kilometern.
Doch wenn schon der versprochene Niedrigverbrauch nicht zum Kaufen überzeugen kann, dann vielleicht das Plus im Namen. Denn damit gemeint ist ein großes Plus an Raum, Platz und Sitzen. Genauer gesagt verfügt der Prius+ über bis zu sieben Sitze, ein maximales Kofferraumvolumen von bis zu 1.750 Litern und ausreichend Beinfreiheit in der mittleren Reihe, die sich dank der drei verschiebbaren Einzelsitze erweitern oder auch einschränken lässt. Was schnell klar wird ist die Tatsache, dass sich der Toyota Prius+ in Sachen Platzangebot vor keinem Konkurrenten verstecken braucht. Und wenn Herr Toyoda seinen Designern noch ein wenig ins Gewissen redet, könnte das mit dem Lächeln vielleicht auch irgendwann klappen.