Zukunftsstrategie

Dies steckt hinter Audis Kompass der Klarheit

Mit Blick auf die ersten drei Quartale des Jahres 2025 spricht man bei Audi von herausfordernden Rahmenbedingungen und einer strategischen Neuausrichtung. Was bedeutet dies für Kunden, Produkte und Jobs?

An der Fassade der Audi-Zentrale in Ingolstadt prangt das altbekannte Logo. Neueren Datums ist das Motto "Strive for Clarity", mit dem man Klarheit als Kompass ausruft.

Für die Zukunft hat man „Klarheit“ als eine Art Kompass für ganz Audi ausgegeben, neudeutsch: „Strive for Clarity“. So wie man die Fahrzeuge gestalte, gestalte man das gesamte Unternehmen, sagte kürzlich CEO Gernot Döllner, der die neu ausgegebene Strategie konkretisiert: „mit dem Fokus auf das Wesentliche“. Ihm zufolge sei diese Agenda wichtig, um eine ehrliche Bestandsaufnahme durchzuführen, sofortige Handlungsbedarfe zu identifizieren und wichtige Weichen zu stellen. „Mit unserer neuen Unternehmensstrategie knüpfen wir nahtlos daran an.“ Heißt trocken: Komplexität und Kosten runter – womöglich mit all den bekannten Konsequenzen, die damit in einem Wirtschaftsunternehmen einhergehen.

In dieser Zeit des Umbruchs gab es 2025 auch spannende Veränderungen im Vorstandsressort. So verließ Renate Vachenauer Audi und den Volkswagen-Konzern - auf eigenen Wunsch und in beiderseitigem Einvernehmen. Seit Mitte Oktober schließt die Lücke im Beschaffungsressort Audis Produktionschef Gerd Walker interimistisch. Anfang 2026 wird dann Dieter Dehoorne den Staffelstab übernehmen. Der gebürtige Belgier war zuvor beim dänischen Unternehmen Vestas Wind Systems sowie bei Volvo Cars tätig.

Im Herbst der Realitäten trotz zuletzt guter Zahlen 

Es hätte in diesen verrückten Zeiten von (Handels-)Kriegen, dem zumindest hier in Europa ausbleibenden Elektro-Schwung sowie dem Schwenk in Richtung Verbrenner bei Audi auch durchaus holperiger laufen können. Mit einem Umsatzplus von 4,6 Prozent auf gut 48 Milliarden Euro hat das Unternehmen zuletzt immerhin gute Zahlen vorgelegt. Doch nach einer gefühlt guten Stimmung bei Vorständen und Unternehmen zum Ausgang des Sommers, kommt doch so etwas wie herbstliche Katerstimmung beim Ingolstädter Autobauer auf. Denn die Umsatzrendite rutschte von zuvor viereinhalb Prozent im Jahr 2024 auf nur noch 3,2 Prozent. Das Ergebnis nach Steuern der ersten neun Monate des laufenden Jahres fiel auf 2,1 Milliarden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insbesondere das Chinageschäft will nicht so recht laufen, wenngleich die eigens nur dort lancierte Marke „AUDI“ für sich genommen ganz gut anzukommen scheint.

Auf dem chinesischen Markt herrscht mit einem Rückgang im zweistelligen Prozentbereich jedenfalls Flaute. Zudem fehlt mit Blick in die entgegengesetzte westliche Himmelsrichtung eine rasche Möglichkeit, das mit Zöllen belegte US-Geschäft zu kompensieren oder gar zu beleben. Dazu mangelt es der Marke in USA schlicht an einer eigenen Fertigung.

Audi-CFO Rittersberger spricht von konsequenter Kostenarbeit

Hinzu kam noch die Bombe in Form des Halbleiterunternehmens Nexperia, für dessen Produkte, darunter „lebensnotwendige“ Chips für die Autoindustrie, Peking zwischenzeitlich einen Exportstopp verhängte. Davon wären in hohem Maße auch der Volkswagen-Konzern mit all seinen Marken und eben auch Audi stark betroffen. Mittlerweile hat sich die Lage zwar beruhigt, ein Schock über die Abhängigkeiten bleibt, denn Auswirkungen auf die Produktion konnte man im Volkswagenkonzern nicht ausschließen.

CEO Gernot Döllner und CFO Jürgen Rittersberger im März des Jahres auf der Annual Media Conference.

Audi befindet sich objektiv betrachtet in keiner grauen Wolke. Noch 2024 hat der Audi-Konzern rund 1,7 Millionen Automobile der Marke Audi ausgeliefert und erzielte bei einem Umsatz von 64,5 Milliarden Euro ein Operatives Ergebnis von 3,9 Milliarden Euro. Obschon die Kernmarke Audi mit 1.191.141 Fahrzeugen von Januar bis September 2025 rund 4,8 Prozent weniger Fahrzeuge auslieferte, zeigen Zuwächse bei den E-Autos (Plus 41 Prozent) und ein sattes Plus von 67 Prozent bei den Auftragseingängen für die Stromer, dass sich Ingolstadt mit seinem derzeitigen Modellmix ganz gut aufgestellt hat. Für das Geschäftsjahr 2025 rechnet der Vorstand mit Umsatzerlösen zwischen 65 bis 70 Milliarden Euro. Für die operative Umsatzrendite nannte man beim OEM zuletzt eine Spanne von vier bis sechs Prozent. Im Audi- Konzern rechnet man mit einem Netto-Cashflow im Bereich von 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro. Wie Audi-CFO Jürgen Rittersberger Ende Oktober betonte, zählt konsequente Kostenarbeit als „ein wichtiger Schritt, um unser Geschäftsmodell zukunftssicher aufzustellen”. Die Prognose der genannten Spitzenkennzahlen basiert dem OEM zufolge allerdings auf der Annahme einer stabilen Verfügbarkeit von Halbleitern und entsprechenden Komponenten.

Audi stellt den Concept C vor, derweil wackeln Ingolstadts Haushaltspläne

Auch wenn man eines der jüngsten Details als eines von lediglich lokaler Bedeutung abtun könnte, ist es ein Beispiel für die disruptiven Veränderungen der Autobranche in Deutschland und deren Strahlkraft bis hinein in gesellschaftliche Bereiche. Denn wie die Süddeutsche Zeitung in einem Beitrag vom Oktober ermittelte, bekommt Ingolstadt als Heimat von Audi und fünftgrößte Kommune in Bayern sowie ihren rund 40.000 Audi-Beschäftigten trotz der Gewinne des Autobauers keine Gewerbesteuer mehr. Statt der benötigten 150 Millionen Euro Steuern sollen im laufenden Jahr nur noch 55 Millionen an Gewerbesteuer fließen. Dies trifft die Audi-Stadt ins Mark, was auch Audis Betriebsratschef Jörg Schlagbauer gegenüber der SZ zu der Aussage veranlasste, es handele sich dabei um ein gravierendes Problem, das bei ihm auf Unverständnis stoße. Der Betriebsrat moniert dabei Ungerechtigkeiten im Steuersystem. Auch Ingolstadt steht wie zahlreiche andere Kommunen vor immensen Ausgaben, gerade auch grundlegender infrastruktureller Natur. Das Geld werde genau dort benötigt, wo die Wertschöpfung entstehe, heißt es beim Audi-Betriebsrat und weiter: Selbst in schlechten Jahren hätte man sich bislang darauf verlassen können, dass Milliarden an Gewinnen erwirtschaftet werden.

Mit dem Concept C stellte Audi anlässlich der IAA Mobility die neue Designlinie der Marke vor

Derweil muss sich Audi mit seinen Produkten auf den Weltmärkten behaupten. Zumindest mit dem Fokus auf die Automobile mit den vier Ringen im Emblem gibt man in Ingolstadt mit dem vollelektrischen Sportwagen Concept C einen schmackhaften Ausblick auf die beim Hersteller gewünschte Zukunft, die insbesondere durch eine Kombination von klarem Design und anwenderfreundlicher Technik geprägt sein soll. Eingerahmt wird dieser – insbesondere designerische -Ausblick in eine dem OEM zufolge seit 2024 größte Modellinitiative: Bis Ende 2025 spricht man bei Audi von 20 neuen Modellen, mit denen man die Antriebsvielfalt in Form von Elektro-, Hybrid- und Verbrennerantrieben komplett abgedeckt wissen will. Einen veritabler Quotenbringer konnte man denn auch rechtzeitig zur IAA Mobility in Form des Q3 Sportback lancieren. Die Baureihe Q3 hat eigenem Bekunden zufolge „hohen Stellenwert“ bei der Marke. Möge das jüngst ausgerufene Konzept der Klarheit dazu dienen, dass sowohl dieses als auch all die weiteren Modelle gut bei den Kunden ankommen.