(Zusatz vom 11. Juli, 9:45 Uhr): Volkswagen hat am späten Nachmittag des 9. Juli bekannt gegeben, dass der Aufsichtsrat Stefan Sommer tatsächlich zum Konzernvorstand für Beschaffung berufen hat. Zuvor hatten mehrere Medien über die anstehende Personalie berichtet (siehe unten). Allerdings war in den vorigen Berichten noch die Rede davon, dass das Ressort für Sommer neu zugeschnitten werden und um den Bereich Komponente erweitert werden sollte, was bislang von Volkswagen so nicht bestätigt wurde.
Das Handelsblatt meldete die Personalie unter Berufung auf Konzernkreise. Der 55-jährige Sommer würde somit die Nachfolge von Francisco Garcia Sanz antreten, der im April als Volkswagen-Einkaufschef zurückgetreten war.
Nun soll das Einkaufressort zusätzlich um den Bereich "Komponente" erweitert werden. Volkswagen hatte die eigenen Zuliefererwerke wie in Salzgitter und Braunschweig im vergangenen Jahr in diesem Bereich gebündelt und will sie ab dem kommenden Jahr als eigene Einheit aufstellen.
Wegen einer Sperrfrist kann Sommer seinen neuen Posten bei VW dem Bericht zufolge nicht sofort antreten. Der ausgebildete Ingenieur hatte den Zulieferer ZF wegen eines Streits um die strategische Ausrichtung mit dem Friedrichshafener Bürgermeister und wichtigsten Eigentümervertreters verlassen.
(Erweiterte Version von 16.50 Uhr:) Volkswagen äußerte zu der Personalie nur, dass es Sache des Aufsichtsrates sei, über die Nachfolge von Garcia Sanz zu entscheiden. Dieser wollte dem "Handelsblatt" zufolge am Montagabend tagen. Volkswagen würde damit eine Lücke im Konzernvorstand schließen. Fast alle Vorstandsmitglieder - bis auf zwei - wurden damit erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals im September 2015 berufen. Auch Sommer kommt unbelastet nach Wolfsburg.
Der 55-Jährige hatte im vergangenen Dezember wegen eines Streits über die künftige Ausrichtung des Konzerns mit dem wichtigsten ZF-Eigentümervertreter - dem Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen - bei ZF hingeworfen. Sommer hatte den Chefposten bei dem Autozulieferer im Mai 2012 übernommen.
Jetzt erhält der Manager bei VW nicht nur mehr Macht als sein Vorgänger, auf den Zuliefer-Experten warten auch große Aufgaben: Im vergangenen Oktober war bekanntgeworden, dass Volkswagen die hausinternen Zuliefer- und Komponentenwerke in einer eigenen Sparte bündelt. Darüber hinaus sieht der im April vom neuen Konzernchef Herbert Diess angestoßene Konzernumbau vor, den Einkauf und die Komponentenwerke in der Einheit Beschaffung/Komponente zusammenzufassen. Damit soll der Konzern künftig weniger zentral geführt werden.
Künftig ist Sommer also nicht nur für die Beschaffung, sondern auch für die Komponentenwerke zuständig. Zu der Sparte zählen weltweit 56 Fabriken etwa für Getriebe, Motoren und Fahrwerkelemente mit rund 80.000 Beschäftigten. Ziel der eigens geschaffenen Sparte ist es früheren Angaben zufolge, das interne Geschäft mit Bauteilen, die auch in Modellen von VW-Töchtern Verwendung finden, auch mit Blick auf die E-Mobilität effizienter zu machen. Ein Verkauf oder Börsengang sind nicht geplant.
Dafür dürfte die EU mit ihren Grenzwerten Sommer zu schaffen machen: Betriebsratschef Bernd Osterloh warnte in der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung", die künftigen CO2-Grenzwerte könnten zahlreiche Arbeitsplätze in der Autoindustrie bedrohen. Bei Volkswagen würde dies vor allem die Komponentenwerke betreffen, wo Motoren oder Getriebe gebaut werden.
Laut Vorschlag der EU-Kommission soll der Flottengrenzwert von 95 Gramm CO2 für 2020 weiter gesenkt werden - um 15 Prozent bis 2025 und um 30 Prozent bis 2030. Führende Politiker wollten aber schärfere Bestimmungen von minus 50 Prozent oder minus 75 Prozent bis 2030, kritisierte Osterloh. "Wenn das im Europäischen Parlament so beschlossen wird, dann können wir das Autobauen in Deutschland vergessen." Das würde den Verlust von Zehntausenden von Arbeitsplätzen in der Autoindustrie bedeuten.
In der Sparte Beschaffung muss sich Sommer etwa mit dem weiter schwelenden Konflikt zwischen dem Wolfsburger Konzern und der bosnischen Unternehmerfamilie Hastor mit deren Zuliefergruppe Prevent herumschlagen. Der neue VW-Einkaufschef muss künftig die Seite wechseln - und selber Druck auf Zulieferunternehmen aufbauen.