Platz 5: CATL. Der chinesische Zulieferer CATL setzte in den ersten drei Quartalen 2024 22,364 Milliarden Euro um. Zu den Umsätzen im Jahr 2023 liegen im Berylls-Ranking keine Angaben vor.

Das CATL-Werk in Ungarn soll noch in diesem Jahr seinen Betrieb aufnehmen und damit zur Verbreitung von Elektrofahrzeugen in Europa sowie zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende beitragen. (Bild: Adobe Stock / kittyfly)

Mit einem Paukenschlag hat der weltgrößte Batteriehersteller CATL sein Zweitlisting an der Börse in Hongkong vollzogen – und auf einen Schlag über vier Milliarden Euro eingesammelt. Was wie eine klassische Kapitalmaßnahme wirkt, ist weit mehr als ein Finanzereignis. Es markiert den nächsten Schritt im globalen Machtspiel um die Schlüsseltechnologie der Elektromobilität – mit unmittelbaren Folgen für Europas Automobilhersteller.

„Ein Rekordbörsengang mit vier Milliarden klingt natürlich erst einmal gewaltig – ein echter Gamechanger ist er aber nicht“, kommentiert Martin Geißler, Technologieexperte bei der Strategieberatung Advyce & Company. Der Grund: Die Kräfteverhältnisse seien längst zementiert. „In den letzten zehn Jahren hat China über 200 Milliarden Euro in den Aufbau seiner Batterieindustrie investiert und dominiert mit einem Anteil von gut 75 Prozent den Weltmarkt.“ Europa und die USA, so Geißler, stünden hingegen noch am Anfang ernstzunehmender Industrialisierungsbemühungen – mit Tesla als bislang einziger Ausnahme. Dennoch sei das frische Kapital nicht zu unterschätzen. Es unterstreiche den Führungsanspruch Chinas und CATLs im Besonderen.

Debrecen als Kampfansage

Ein Großteil der Mittel – laut Unternehmensangaben über 90 Prozent – fließt in das neue europäische Werk im ungarischen Debrecen. Dort entsteht auf rund 220 Hektar die größte Batteriefabrik Europas. Und das nicht zufällig in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem BMW-Werk. „Das ist ein klares Signal – und auch eine direkte Reaktion auf BMWs Entscheidung, für die neue Fahrzeugplattform nicht mehr mit CATL, sondern mit dem chinesischen Wettbewerber EVE Energy zusammenzuarbeiten“, erklärt Geißler. Der Rückzug des langjährigen Partners habe CATL schwer getroffen. Nun wolle man mit einer Megafactory vor Ort Präsenz zeigen – und zugleich EVE unter Druck setzen. „Für die deutschen OEMs ist dieser Wettbewerb ein Glücksfall – er wird mittelfristig die Preise senken und die Versorgungssicherheit erhöhen.“

Die Debatte, ob westliche Hersteller künftig eigene Zellfertigung betreiben sollten oder besser auf etablierte Player wie CATL setzen, ist damit neu entfacht. Für Geißler gibt es kein Schwarz-Weiß: „Für OEMs mit eigenen Zellambitionen – allen voran Volkswagen mit seiner Batteriesparte PowerCo – ist das eine relevante Bedrohung.“ Der Experte zieht gar Parallelen zum holprigen Software-Abenteuer Cariad. Auch hier habe man enorme Summen in ein komplexes Feld investiert, ohne es wirklich zu beherrschen. Die Folge: Man drohe, von den globalen Technologieführern überholt zu werden.

Technologieführerschaft und Taktfrequenz

Dabei müsse eine Abhängigkeit nicht zwangsläufig negativ sein, so Geißler weiter: „Beim Verbrennungsmotor haben sich OEMs ja auch nie die Turboladerfertigung einverleibt. Wer Batterien ähnlich denkt, kann Anbieter wie CATL oder EVE als strategische Partner begreifen – und sich selbst auf Markenwert und Kundenerlebnis konzentrieren.“ In einem zunehmend plattformgetriebenen Markt könne genau diese Fokussierung der Schlüssel zum Erfolg sein – insbesondere gegenüber vollintegrierten Wettbewerbern wie BYD.

Was die chinesischen Anbieter auszeichnet, ist nicht nur ihre Größe, sondern auch ihre Innovationskraft – und Geschwindigkeit. CATL und BYD verfügen über enorme Erfahrung in der industriellen Skalierung, ergänzt durch gezielte Sprünge in Zukunftstechnologien. Feststoffbatterien und Natrium-Ionen-Zellen werden dort nicht nur erforscht, sondern bereits in Fahrzeugen getestet und in Kleinserien produziert. „Diese Systemdenke macht chinesische Anbieter derzeit so schnell“, sagt Geißler. In Europa sei man dagegen oft auf Prototypenebene gefangen. Es fehle der Brückenschlag zur industriellen Umsetzung. Genau hier, so der Berater, könne man von China lernen – nicht nur technologisch, sondern auch strukturell.

Börsengang als strategisches Signal

Das Listing an der Börse in Hongkong – formal eine Art „Westöffnung“ – ist ebenfalls Teil einer größeren Strategie. „CATL folgt der chinesischen Doppelstrategie, neben dem Aufbau nationaler Champions auch global zu diversifizieren", so Geißler. Hongkong sei dafür ideal: zugänglich für internationale Investoren, aber weiterhin unter politischer Kontrolle Pekings. „So wird Kapital eingesammelt, ohne Einflussnahme von außen zuzulassen.“

Mit dem Werk in Debrecen avanciert CATL de facto über Nacht zum größten Batterieproduzenten Europas. Für hiesige Zulieferer ist das eine Zäsur. Die Vorstellung, dass der europäische Markt von europäischen Playern dominiert werden könnte, ist damit passé. „CATL, EVE und BYD versuchen, den weltweiten Automobilmarkt neu zu ordnen – nicht mehr nur aus China heraus, sondern direkt vor der Haustür westlicher OEMs“, bringt es Geißler auf den Punkt. Und er ergänzt: „Diese Unternehmen agieren wie Staatskonzerne, agile Technologieführer und vertrauensvolle Partner zugleich. Für klassische Zulieferer, die noch in alten Industriestrukturen denken, ist das eine echte Herausforderung.“

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