VWN Stammwerk Hannover-Stöcken

Bis zu 130.000 Einheiten des ID. Buzz und ID. Buzz Cargo laufen in Zukunft im VWN-Stammwerk in Hannover-Stöcken jährlich vom Band. (Bild: Volkswagen Nutzfahrzeuge)

Das Volkswagen-Nutzfahrzeuge-Werk in Hannover blickt auf eine lange Produktionsgeschichte zurück. Im Jahr 1956 begann die Fertigung in Hannover-Stöcken mit der Produktion des VW T1 besser bekannt als „Bulli“. Mehr als 9 Millionen Einheiten des Kultfahrzeugs sind an diesem Standort produziert worden. Neben dem Bulli verließen auch andere prominente Modelle des Wolfsburger Herstellers die Automobilfabrik in Hannover. Darunter beispielsweise der Käfer, die Kleintransporter LT1 und LT2 sowie in jüngster Vergangenheit das Pick-up-Modell Amarok.

Nach über 10 Millionen gefertigten Fahrzeugen steht das Werk nun vor einer Transformation, die alle bisherigen Veränderungen des Standorts überragt: Der Volkswagen-Konzern plant die vollständige Elektrifizierung und Modernisierung des VWN-Werks. 21 Milliarden Euro investiert der OEM in Umbaumaßnahmen seiner niedersächsischen Standorte, darunter auch Hannover. Nachdem im Mai nach erfolgreichem Umbau hin zum elektrischen Antrieb die Produktion des ID.4 in Emden angelaufen war, folgen nun bereits die nächsten Mitglieder der neuen Elektrofamilie am Hannoveraner Standort. Hier rollen erstmalig der ID. Buzz und der ID. Buzz Cargo vom Band.

Doch die Position als dritter deutscher Produktionsstandort der ID-Modelle neben Dresden und Emden stellte Hannover in der Vorbereitung vor einige Hürden. Aktuell werden im Transporter-Werk des OEM der T6.1 und der Multivan T7 – als Verbrenner und in der Plug-in-Hybrid-Variante – gefertigt. Diese zwei Antriebsarten ergänzt die Einführung der neuen ID-Fahrzeuge durch den Modularen E-Antriebs Baukasten (MEB). Infolgedessen muss die Fertigung drei verschiedene Modelle auf drei unterschiedlichen Plattformen bewältigen.

4.000 Beschäftigte wurden auf E-Antriebe umgeschult

Besonders der E-Antrieb stellt die Beschäftigten vor neue, umfangreiche Anforderungen. Um diesen vom SOP an gewachsen zu sein, wurden 4.000 der insgesamt 13.500 Mitarbeiter mithilfe von virtuellen Schulungsangeboten für die Fertigung der neuen Fahrzeuge qualifiziert. „Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Hochvolt-Technologie geschult und auch unsere Ausbildungsberufe den neuen Aufgaben angepasst“ kommentiert Josef Baumert, Vorstand für Produktion und Logistik bei Volkswagen Nutzfahrzeuge mit Blick auf das neue Ausbildungsangebot zum Mechatroniker für System- und Hochvolt-Technologie. Auf dem Weg durchs Werk am Standort in der niedersächsischen Landeshauptstadt fügt Baumert hinzu „Mitarbeiter zu qualifizieren ist das eine, sie in der Praxis zur Exzellenz zu bringen das andere“.

Die angestrebte Exzellenz stellt sich der Hersteller dabei wie folgt vor: Die aktuelle Produktionskapazität von 45 Einheiten des ID. Buzz am Tag soll in Zukunft auf 180 Fahrzeuge pro Tag hochskaliert werden. Die aktuelle Jahreskapazität von rund 15.000 ID. Buzz und ID. Cargo soll dementsprechend auf maximal 130.000 Einheiten erhöht werden. So könnte sich dem Unternehmen zufolge unter optimalen Bedingungen die gesamte tägliche Produktionskapazität des Werkes für alle Modelle bis 2023 auf 900 Einheiten erhöhen. Die maximale modellübergreifende Produktionsgröße lag bisher bei 810 Einheiten pro Tag. Ab Herbst sollen die beiden Plug-in-Fahrzeuge an erste Kunden ausgeliefert werden. Wie die Hannoversche Allgemeine berichtet musste die Fertigung des ID. Buzz jedoch kurz nach Produktionsbeginn bereits vorübergehend unterbrochen werden. Ein Sprecher von Volkswagen Nutzfahrzeuge äußerte gegenüber dem Medium, dass die Produktionsunterbrechung mit Problemen im Bereich der Batteriequalität zusammenhänge. Am Zeitplan für die Markteinführung des Modells wolle der OEM trotz der Komplikationen festhalten.

VWN elektrifiziert und automatisiert sein Stammwerk zunehmend

Die Elektrifizierung des rund 630.000 Quadratmeter großen VWN-Stammwerks ist für das Unternehmen Teil der Markenstrategie GRIP 2030 (Growth, Responsibility, Innovation und People). Diese widmet sich dem Hersteller zufolge vor allem den Chancen im Bereich der Nachhaltigkeit, Urbanisierung, Digitalisierung und des gesellschaftlichen Wandels. Der Karosseriebau des ID. Buzz treibt diese Strategie durch einen stark erhöhten Automatisierungsgrad von 92 Prozent stark voran. Dank dieser Entwicklung sind wenige Mitarbeiter in der Lage, große Anlagenbereiche per Computer und Smartwatch zu steuern.

Der ID. Buzz ist ein Meilenstein bei der Elektrifizierung der Marke und des Werks in Hannover“, so Baumert. „Bereits in acht Jahren werden in Europa mehr als 55 Prozent unserer Fahrzeuge batterie-elektrisch angetrieben. Der ID. Buzz hat hierbei eine strategische Hauptrolle“. Bis 2030 will sich VWN mithilfe seiner Markenstrategie als führender Anbieter für intelligente Mobilitäts- und Transportlösungen etablieren und so zusätzlich auf die weiteren Konzernziele einzahlen.

Zukunft des Projekts Artemis ungewiss

Zusätzlich zur umfassenden Elektrifizierung war für das VWN-Werk in Hannover das Projekt Artemis geplant. Ursprünglich handelte es sich hierbei um ein Verbundprojekt zwischen Volkswagen, Audi, Porsche und Bentley, das sich auf Technologien rund um elektrisches, hochautomatisiertes Fahren mit konkretem Modellbezug fokussiert. Das Team soll außerdem ein Ökosystem um das Auto herum schaffen und so ein neues Geschäftsmodell für die gesamte Nutzungsphase entwerfen. Die Fertigung der ersten Modelle von Bentley, Porsche und Audi war ab 2025 für den VWN-Standort geplant. Medienberichten zufolge hat sich Porsche jedoch aus dem gemeinsamen Projekt zurückgezogen. Ein Sprecher von Volkswagen Nutzfahrzeuge bestätigte ebenfalls, dass nur Audi und Bentley als Konzernmarken an dem Projekt beteiligt sein. werden. Aktuell komme es der Berichterstattung zufolge zu Nachverhandlungen zwischen den übrigen Projektpartnern, die bewirken könnten, dass die Produktion in Hannover nur Abschnitte der gesamten Modellfertigung übernehmen wird.

 

Volkswagen Nutzfahrzeuge Standort Hannover
Seit dem Produktionsbeginn im Jahre 1956 wurden im VWN-Werk Hannover Stöcken bereits über 10 Millionen Fahrzeuge produziert. (Bild: Volkswagen Nutzfahrzeuge / Andreas Croonenbroeck)

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