ABB PixelPaint

Mit der PixelPaint-Technologie lassen sich Muster und sogar Bilder direkt auf das Fahrzeug drucken. (Bild: ABB)

Die Statistik spricht eine unerwartete, aber deutliche Sprache: Die Lackierung eines Fahrzeugs macht laut einer Untersuchung des Fachmediums Azo Materials insgesamt rund 30 Prozent seiner gesamten Produktionskosten aus. Dennoch scheint der Sektor auch hinsichtlich seines Energieverbrauchs und seiner Nachhaltigkeitsbilanz ein wenig aus dem Fokus gerückt zu sein. Dies sollen neue Technologien ändern.

Audi etwa startete vor zwei Jahren am Standort Brüssel eine Initiative zur Reduktion der Frischwassernutzung um bis zu 100.000 Kubikmeter pro Jahr. Im Fokus: Die Lackiererei des Werkes. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht vor allem der Aufbau eines Closed-Loop-Kreislaufsystems, im Rahmen dessen Wasser außerhalb des Werks aufbereitet und anschließend wieder genutzt wird.

Doch die Steigerung der Kosten- und Energieeffizienz ist nur eine Herausforderung in der Lackiererei, die durch neue Technologien gelöst werden können. Ein anderer Ansatzpunkt ist die hohe Variantenvielfalt der Gestaltung der Fahrzeuge. Nutzer sind zunehmend auf der Suche nach individualisierten Designs, was den Systemen ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt. Roboterhersteller ABB adressiert beide Herausforderungen durch Automation und Robotik am Standort in Friedberg.

Auf dem Weg zum vollautomatisierten Printing-Prozess

Die Einrichtung besteht aus einem Robotik-Trainingszentrum, in dem Kunden lernen, wie sie ihre Roboter programmieren und bedienen können, einem Technologiezentrum, das viele der Roboter in Aktion zeigt sowie dem Lacktechnologiezentrum - einer voll ausgestatteten Demonstrations-, Test- und Validierungszelle für die Karosserielackierung. Hier findet sich unter anderem ABBs neue PixelPaint-Zelle. „Diese Technologie funktioniert wie ein Tintenstrahldrucker, und ihre Geschwindigkeit hängt von der Größe des Druckkopfes ab”, erklärt Jörg Rommelfanger, Head of Robotics Division Germany & Head of Local Business Line Automotive bei ABB.

Die neue Technologie soll unter anderem Zweifarbanwendungen und die Individualisierung von Autolackierungen ermöglichen, ohne dass Öfen, umfangreiche Belüftung und all die platzintensive Produktionshardware einer herkömmlichen Lackiererei benötigt werden. Derzeit erreicht man mit der neuen Technologie zwar noch nicht die gewohnte Geschwindigkeit, dies könnte sich jedoch bald ändern. „Wir erwarten eine Übergangsperiode, in der beide Technologien gemeinsam genutzt werden“, so Rommelfanger.

Dieser hybride Ansatz werde sich jedoch zunehmend zu einem vollautomatisierten Printing-Prozess für das gesamte Fahrzeug wandeln. Auch ABB bringt die neue Technologie zunehmend zum Kunden: „Wir haben rund fünf oder sechs Jahre an dieser Technologie gearbeitet“, sagt Jürgen Kristen, Manager Technology, Business Line Automation bei ABB. „In diesem Jahr haben wir die Entwicklungsphase beendet und inzwischen die fünfte Bestellung für die Fahrzeugproduktion bei Kunden erhalten.“

ABB-Lösung soll mehrfarbige Lackierungen optimieren

Die ursprüngliche Idee hinter PixelPaint war es, die Herausforderungen zu adressieren, denen Herstellern bei einer zweifarbigen Lackierung gegenüberstehen. Statt das Fahrzeug zu maskieren und mehrfach durch den Lackierprozess zu schicken, reicht laut ABB mit der neuen Lösung ein einzelner Vorgang. „Die Technologie löst diese Probleme dadurch, dass sie wie ein Tintenstrahldrucker funktioniert, der für Farbe designt wurde, die dicker als Wasser ist“, sagt ABB-Experte Kristen. Unter anderem könne man so aneinander angrenzende Farbflächen sauber auftragen. Dank einer Auflösung von 360 dpi sei es sogar möglich, mit der Technologie nicht nur Flächen zu färben, sondern auch Muster oder Bilder auf das Fahrzeug zu drucken. Möglich machen dies insgesamt 1.500 Farbdüsen.

„Der Sprung in der Auflösung ist bemerkenswert“, sagt Kristen. „Das sehr feine Material der Grundierung sorgt dafür, dass die Pixel präzise auf dem Substrat bleiben. In Kombination mit einem Klarlack bietet sie Sonnen- und Kratzschutz. Kunden, die bei der Klarlackierung sparen möchten, können eine Einkomponentenlösung verwenden, aber zu dekorativen Zwecken wählen einige möglicherweise eine hochwertigere Farbe.“

„Natürlich gibt es ab und zu Rückschläge“, sagt Kristen. Manchmal beobachte man Fehler im Lack, wenn etwa eine Düse des Systems nicht korrekt gereinigt worden ist oder andere Umweltfaktoren den Prozess beeinflussen. Normalerweise führe man einige Testdrucke und eine Schnelljustierung des Systems durch, bevor man mit dem eigentlichen Druckprozess beginne, erläutert der Experte. Dies stelle die Qualität des Ergebnisses sicher. Für ABB überwiegen jedoch klar die Vorteile der neuen Lackiertechnik: Durch das präzise Auftragen innerhalb eines einzigen Lackiervorgangs könne man den Zeit- und Ressourcenaufwand deutlich senken, durch die Lackierung ohne einen Abklebevorgang lasse sich zudem Arbeitskraft sparen.

Serieneinsatz bei Mahindra & Mahindra

Als einer der ersten Kunden will der indische SUV- und Nutzfahrzeughersteller Mahindra & Mahindra die PixelPaint-Technologie in den Serieneinsatz bringen. Ab 2025 soll die Technologie in der neuen Elektroauto-Lackieranlage des OEMs für kontrastierende Dächer und Säulen implementiert sein.

„Durch den Einsatz von mit PixelPaint ausgestatteten Robotern in speziellen Zellen wird die Lackiererei von Mahindra in der Lage sein, Lackierungen wie kontrastierende Dach- und Säulenbehandlungen auf ihre neue E-Auto-Linie in einem vollständig automatisierten Prozess aufzubringen“, erläutert, Jörg Reger, Geschäftsführer der ABB Robotics Automotive Business Line.

Die Technologie erfülle die steigende Nachfrage nach Personalisierung in der Automobilindustrie und unterstütze Mahindra im Luxussegment, heißt es aus Zürich. Mit 42 IRB 5500-Robotern wolle der indische OEM seine Position in der fortschrittlichen Automobilproduktion in Indien stärken.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserem englischen Schwestermagazin automotive manufacturing solutions. Das englische Original finden Sie hier.

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