Audi Q6 e-tron quattro Production

Audi erhöht den Automatisierungsgrad in der Lackiererei in Ingolstadt für den Q6 e-tron. (Bild: Audi)

Automobil Produktion Kongress 2024

Automobil Produktion Kongress 2024

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Man sei in Ingolstadt schon oft der Schneepflug gewesen, wenn es darum geht, Innovationen in Serie zu bringen. Dieses Mal freue es ihn aber besonders, dass sein Standort das Vertrauen ausgesprochen bekommen hat, den Q6 e-tron bauen zu dürfen, sagt Werkleiter Siegfried Schmidtner anlässlich einer exklusiven Werksführung wenige Stunden vor der Weltpremiere des Autos, das eigentlich schon längst hätte da sein sollen. Daher passt seine Schneepflug-Metapher gleich doppelt, denn ähnlich langsam, wie sich das Räumfahrzeug fortbewegen kann, lief es innerhalb des VW-Konzerns bezüglich der finalen Implementierung der PPE-Plattform in die beiden dafür vorgesehenen Modelle Porsche Macan und eben dem Q6 e-tron.

Zwar dürften sich auch die Vorzeigeschüler aus Stuttgart nicht gerade gefreut haben, dass der Produktionsstart so oft nach hinten verschoben werden musste. Doch während die Stimmung bei Porsche seit Jahren durchweg positiv ist, sah es bei der anderen Premium-Marke im VW-Konzern ganz anders aus – die Trennung von Ex-CEO Markus Duesmann Mitte letzten Jahres geschah nicht zuletzt deshalb. Umso erleichterter dürften die Verantwortlichen sein, dass sie nun endlich Vollzug melden konnten. Für Branchenexperte Simon Schnurrer von der Beratungsfirma Oliver Wyman ist die PPE von hoher Bedeutung: "In Sachen Industrialisierung und Kostenvorteile dürfte die PPE ein großer Schritt sein, damit man idealerweise anfängt, Geld zu verdienen mit Elektroautos. Da gibt es ja bisher nicht allzu viele, die das schaffen." Generell sei es gut für Audi, endlich frische Autos auf der Straße zu haben, so der Berater.

Neben zahlreicher baulicher Veränderungen investierte Audi innerhalb der letzten beiden Jahre satte 250 Millionen in die Weiterbildung der Belegschaft. Im Gegensatz zur frisch gebackenen Fabrik des Jahres – dem Porsche-Werk in Leipzig – gönnten die Entscheider der Audi-Fabrik in Ingolstadt keine neue, eigene Halle, in der ausschließlich die Karosserie des ersten PPE-Modells gebaut wird. Nahezu sämtliche Arbeiten wurden am bayerischen Standort in die bestehenden Anlagen integriert.

Das ist die neue Elektronikarchitektur E3

Mit der PPE kommt in der Audi Q6 e-tron Baureihe erstmals in einem Audi Modell die neue Elektronikarchitektur E3 in der Ausprägung 1.2 zum Einsatz. Der Name E3 steht für End-to-End Electronic Architecture. Die Architektur basiert auf einer neuen Domänenrechnerstruktur mit fünf Hochleistungsrechnern (HPCs), die alle Fahrzeugfunktionen steuern – vom Infotainment über die Fahrfunktionen bis hin zum teilautomatisierten Fahren in späteren Evolutionsstufen. Mit der E³ 1.2 bringt Audi die gemeinsam mit Cariad entwickelte neueste Elektronikarchitektur und Software in die Modelle, inklusive markenspezifischer Features. Neben einer neuen Infotainmentplattform, die auf einem Android-Automotive-Betriebssystem basiert, schaffe die E3 1.2 auch die Voraussetzungen für schnelle Software-Updates und -Upgrades, so der OEM. Neu ist auch der Audi App Shop sowie Features im Bereich Navigation.

 

Der Q6 e-tron in Zahlen

Der Audi Q6 e-tron und der SQ6 e-tron sollen eine Reichweite von bis zu 625 Kilometern bieten, dank leistungsstarker, kompakter und hocheffizienter Elektromotoren sowie einer neu entwickelten Lithium-Ionen-Batterie mit einer Gesamtbruttokapazität von 100 kWh. Mit einer maximalen DC-Ladeleistung von 270 kW ermöglicht die 800-Volt-Technik kurze Ladestopps, wodurch in nur zehn Minuten bis zu 255 Kilometer Reichweite nachgeladen werden können, verspricht Audi. Die Fahrzeuge sind 4,70 Meter lang, 1,93 Meter breit und 1,64 Meter hoch.

Im Interieur setzt Audi auf das MMI Panoramadisplay und das MMI Beifahrerdisplay. Die verwendeten Materialien, zum Teil aus Rezyklaten hergestellt, sollen für ein hochwertiges und wohnliches Ambiente sorgen. Zudem kommt der Q6 e-tron mit einem neuen Anzeige- und Bedienkonzept, einem Augmented Reality Head-up-Display sowie dem Audi Assistant mit KI-Unterstützung.

Neue Batteriemontage arbeitet hochautomatisiert

Eine Ausnahme stellt die neue Batteriemontage für die PPE-Modelle dar. Auf einer Fläche von rund 30.000 Quadratmetern montieren etwa 300 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb bei einer Automatisierungsrate von annähernd 90 Prozent täglich bis zu 1.000 Hochvoltbatterien – zunächst für die Q6 e-tron Baureihe. Noch in diesem Jahr soll der Audi A6 e-tron folgen. Die Vier Ringe wollen damit zugleich Erfahrungen sammeln, die das Unternehmen perspektivisch in einer eigenen Fertigung von Batteriemodulen einsetzen will. Dann, so Schmidtner, erreiche man sogar eine Automatisierungsrate von 95 Prozent. Schon jetzt pfofitierten die Mitarbeiter von Erfahrungen der Kollegen aus der Fertigung des Q8 e-tron in Brüssel und der Expertise des Batterietechnikums in Gaimersheim. „Wir erhöhen damit nicht nur die Fertigungstiefe, sondern holen auch weitere Kompetenzen und Technologien direkt an den Standort“, sagt Produktionsvorstand Walker.

Die neue Anlage befindet sich in einer eigens für die Batteriemontage vorbereiteten Halle im Güterverkehrszentrum (GVZ) in Ingolstadt und wird ausschließlich mit Ökostrom betrieben. Audi verspricht sich eine noch höhere Flexibilität und Effizienz in der Fertigung, ohne für Neubauten weitere Flächen zu versiegeln.

Karosseriebau wurde in bestehende Systeme integriert

Auf einer Fläche von rund 148.000 Quadratmetern entstehen im Werk Ingolstadt die Karosserien für die PPE-Modelle. 328 Mitarbeitende je Schicht und 1.150 Roboter fertigen bei einem Automatisierungsgrad von 87 Prozent die Karosseriebauteile für die Q6 e-tron Baureihe. Die hochflexible Plattformanlage ermögliche darüber hinaus den nahezu nahtlosen Anlauf von zukünftigen Modellen. Um Ressourcen nachhaltig und synergetisch einzusetzen, verwendet Audi im Karosseriebau für die Fertigung der PPE-Karosserien 680 Roboter wieder, die bereits in der Fertigung anderer Audi Modelle zum Einsatz gekommen waren. Für die Q6 e-tron Baureihe nimmt der OEM zudem eine Flotte von mehr als 40 fahrerlosen Transportsystemen neu in Betrieb. Die FTS übernehmen die Materialbereitstellung in der Halle und versorgen die Anlagen im Karosseriebau automatisiert mit notwendigen Teilen.

Erweiterte Lackiererei für den Q6 e-tron

Für die neue vollelektrische Baureihe wurden unter anderem ein neues integriertes Verfahren zum automatischen Lochverschluss eingeführt. Dabei dichten Applikationsroboter nach der Grundierung rund 70 Löcher mit Klebepads an der zuvor für diesen Schritt vermessenen Karosserie ab. Ein Prozessschritt, der zuvor über Kopf von Mitarbeitenden manuell durchgeführt werden musste. Um den höheren Energieaufwand für die Aushärtung der Karosserien nach der KTL zu gewährleisten, verlängerte Audi den Trockner. Auf diese Weise erreichen alle Karosserieteile die für die Aushärtung der KTL erforderliche Solltemperatur von 160 Grad Celsius.

Zudem unterstützt in der Lackiererei in Ingolstadt eine automatisierte Fertigungstechnologie bei der Erkennung, Beurteilung und Abarbeitung von Oberflächenauffälligkeiten. Damit lässt sich die lackierte Oberfläche objektiv prüfen, die Prozesssicherheit erhöhen und das Qualitätsmonitoring transparenter durchführen. Im ersten Schritt scannen Roboter mittels eines automatisierten Messsystems die Fahrzeugoberflächen. Dieses Verfahren bildet die Grundlage für das ebenfalls automatisierte Finish. Dafür ist jeder der Roboter mit einem Schleif- und Poliertool ausgestattet. Bei der anschließenden Kontrolle zeigen große Bildschirme den Mitarbeitenden die behobenen Stellen an.

Montage wurde in acht Schritten umgebaut

Auch in der Montage nutzt Audi bestehende Strukturen und Anlagen. Die Audi Q6 e-tron Baureihe integriert das Unternehmen nahtlos in die bestehende Montagelinie der Modelle Audi A4 und A5. Verbrenner- und Elektromodelle unterschiedlicher Baureihen entstehen so auf einer gemeinsamen Linie. Insgesamt acht Umbauschritte waren nötig, um die PPE-Modelle in die Montage zu integrieren.

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