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Nissan steht vor radikalen Sparmaßnahmen. (Bild: Nissan)

Mit dem Sanierungsprogramm Re:Nissan läutet der japanische Autobauer eine umfassende Transformation ein. Angesichts schwacher Geschäftszahlen und steigender Kosten greift das neue Management unter dem neuen CEO Ivan Espinosa zu drastischen Mitteln: Nissan will sich verkleinern, entschlacken und neu ausrichten – mit dem Ziel, bis zum Geschäftsjahr 2026 wieder profitabel zu sein.

Der Konzern plant Einsparungen in Höhe von insgesamt 500 Milliarden Yen im Vergleich zu den Ist-Werten von 2024. Die Maßnahmen zielen darauf ab, sowohl operative Gewinne als auch einen positiven Free Cashflow im Automobilgeschäft zu erzielen. Im Zentrum der Strategie steht eine signifikante Reduktion der Produktionskapazitäten: Bis 2027 sollen sieben Werke geschlossen werden, wodurch die Zahl der Fahrzeugwerke von 17 auf nur noch zehn sinkt.

Wie Reuters nun unter Berufung auf japanische Medien berichtet, plant Nissan, zwei Fahrzeugwerke in Japan und weitere Standorte in Mexiko, Südafrika, Indien und Argentinien zu schließen. In der Heimat könnte es sich um das sei 1951 laufende Oppama-Werk und den Standort in Shonan handeln, wodurch nur noch drei Nissan-Werke in Japan übrig blieben.

Ein Ende der Produktion könnte laut Medienbericht auch in Südafrika, Indien und Argentinien sowie für ganze drei Standorte in Mexiko anstehen. Nissan selbst erklärte, dass Berichte über die mögliche Schließung bestimmter Werke spekulativ seien und nicht auf offiziellen Informationen des Unternehmens beruhten.

Parallel dazu wird der globale Personalbestand um 20.000 Stellen verringert – bekannt waren bislang 9.000 Stellen weniger. Auch die bereits geplante Batteriefabrik in Kyushu wird nicht mehr gebaut, Investitionen sollen insgesamt gesenkt, Arbeitszeiten angepasst und Produktionsstandorte verdichtet werden.

Entwicklungen vorerst gestoppt

Auf der operativen Ebene forciert Nissan vor allem die Senkung variabler Kosten. Dazu wurde ein Transformationsbüro mit rund 300 Experten eingerichtet, das unter der Leitung eines Chief TdC Officers Entscheidungen zur Kostenstruktur vorantreibt. Entwicklungsaktivitäten, die Produkte nach 2026 betreffen, werden vorübergehend gestoppt, um rund 3.000 Beschäftigte für Kostensenkungsinitiativen freizustellen.

Möglich werde dieser Schritt durch eine verkürzte Entwicklungsdauer, die laut Unternehmen trotz Einsparungen keine Verzögerungen bei Marktanläufen verursachen soll. Auch die Lieferkette wird restrukturiert. Nissan will künftig mit weniger Zulieferern zusammenarbeiten, ihnen aber höhere Volumina bieten, um Skaleneffekte und Effizienzgewinne zu erzielen.

Auch bei den Fixkosten setzt das Unternehmen an. Marketing, Verwaltung und Shared Services werden verschlankt, die Organisationsstrukturen neu justiert. Ein weiterer Baustein der Strategie ist die Überarbeitung der Produktentwicklung. Entwicklungsprozesse sollen effizienter werden, Komplexität reduziert und Geschwindigkeit erhöht werden. Nissan plant, die durchschnittlichen Personalkosten um 20 Prozent zu senken, globale R&D-Strukturen zu konsolidieren und Entwicklungsleistungen stärker in wettbewerbsfähige Regionen zu verlagern.

Die Zahl der Fahrzeugplattformen wird langfristig fast halbiert, von 13 auf sieben, während die Komplexität einzelner Bauteile um bis zu 70 Prozent sinken soll. Neue Modelle wie der Nissan Skyline oder ein globales C-SUV werden bereits nach dem neuen Prozess entwickelt, mit Entwicklungszeiten von 37 Monaten für das erste Modell und nur 30 Monaten für abgeleitete Derivate.

Fokus liegt weiter auf Partnerschaften

Die Marktstrategie wurde ebenfalls neu ausgerichtet. Nissan wolle künftig gezielter auf regionale Anforderungen eingehen und interne Ressourcen auf die profitabelsten Märkte konzentrieren, heißt es. In den USA plant der Hersteller, das Hybridgeschäft auszubauen und die Premiummarke Infiniti neu zu positionieren. In Japan soll die Produktpalette erweitert und das Markenprofil geschärft werden. In China liege der Fokus auf elektrifizierten Modellen für den heimischen Markt sowie auf Exportchancen, so Nissan. In Europa wollen die Japaner auf SUV-Modelle der B- und C-Segmente setzen und dabei auch auf die Allianz mit Renault sowie auf Partnerschaften mit chinesischen Herstellern zurückgreifen. Im Nahen Osten setzt das Unternehmen auf große SUVs, während Mexiko weiterhin eine Schlüsselrolle als Exportdrehscheibe spielt.

Nicht zuletzt baut Nissan auf die Stärke strategischer Partnerschaften. Mit Mitsubishi wird an einem neuen Elektrofahrzeug für den nordamerikanischen Markt gearbeitet, das auf der nächsten Generation des Nissan Leaf basiert. Auch die technologische Kooperation mit Honda im Bereich Fahrzeugintelligenz und Elektrifizierung wird fortgesetzt.

Mit Re:Nissan formuliert der Autobauer nicht nur einen klaren Fahrplan für die kommenden Jahre, sondern zeigt auch, dass er die Ernsthaftigkeit der Lage erkannt hat. Der Plan ist ambitioniert, aber mit klar definierten Maßnahmen und Zielen hinterlegt. Ob die Wende gelingt, hängt nun vor allem davon ab, wie konsequent Nissan den Wandel umsetzt – und wie gut es gelingt, die Belegschaft und die Märkte von diesem neuen Kurs zu überzeugen.

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