Auf Kamenz ruhen die Elektro-Hoffnungen von Mercedes
Götz Fuchslocher, Timo GilgenGötz Fuchslocher, TimoGilgen
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Die Herstellung der hochkomplexen Lithium-Ionen-Batterien erfolgt auf einer etwa 350 Meter langen Fertigungslinie.(Bild: Mercedes-Benz AG)
Die Fertigung der neuesten Generation Antriebsbatterien von Mercedes-Benz für den vollelektrischen CLA läuft derzeit in Kamenz hoch. Das Kompetenzzentrum im globalen Batteriefertigungsverbund liefert die Systeme ans Band nach Rastatt.
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Fototermin im Batteriewerk Kamenz mit Vorstand und Ministerpräsident.
Acht Prozent weniger Auslieferungen an Elektroautos als in den ersten drei Monaten des Jahres, satte 18 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2024: Zwei Tage nachdem Mercedes-Benz diese bitteren Quartalszahlen veröffentlicht hat, zeigt der Autobauer, dessen selbst erklärtes Ziel es ist, die begehrenswertesten Autos der Welt zu bauen, irgendwo in Sachsen etwas, auf dessen Schultern nun viele, sehr viele Hoffnungen ruhen: Die neue Batterie für den CLA soll – ja sie muss – dafür sorgen, dass sich die Kunden endlich für die E-Autos mit dem Stern interessieren. Die in der Kleinstadt Kamenz beheimatete Mercedes-Benz Tochter Accumotive rückt daher einmal mehr in den Fokus. Anlässlich des Anlaufs der Produktion besuchten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretzschmar und Mercedes-Produktionsvorstand Jörg Burzer das Werk.
Seit 2012 werden hier bereits Antriebsbatterien gefertigt, die Zwei-Millionen-Marke hat man inzwischen geknackt. Nun kann der Automobilhersteller den erfolgreichen Hochlauf seiner Hightech-Batteriemontage für den neuen CLA melden. „Bald wird Accumotive auch unser Werk in Bremen mit Batterien für den künftigen GLC, welcher auf der diesjährigen IAA Premiere feiert, versorgen", verspricht Burzer.
Der Standort in Sachsen ist vollständig im Mercedes Daten-Ökosystem MO360 integriert und damit mit dem gesamten Produktionsverbund vernetzt. Dies soll unter anderem die lückenlose Nachvollziehbarkeit jeder ausgelieferten Batterie gewährleisten, einschließlich aller Produktionsdaten. Zudem zeigt Joachim Weidling, verantwortlich fürs Engineering in Kamenz, spezielle Montagevorrichtungen, die ergonomisch unterstützen und den Mitarbeitern den Umgang mit schweren Bauteilen erleichtern sollen.
Die Herstellung der hochkomplexen Batterien erfolgt auf einer etwa 350 Meter langen Fertigungslinie. Anhand rund 50 verschiedener manueller und hoch automatisierter Montageprozesse wird eine Vielzahl von Komponenten, Zellmodule, Kühlplatten und Sensoren präzise im Gehäuse implementiert und anschließend mit verschiedenen Elektronik-Komponenten der Batterie mittels einer integrative Hochvoltverkabelung verbunden. Abschließend erfolgt die elektrische und mechanische Absicherung anhand verschiedener Prüfstände.
Die Produktions- und Logistikfläche umfasst gesamt rund 125.000 Qudratmeter. Die 2018 in Betrieb genommene Montagehalle, in der die Batterien für den neuen CLA montiert werden, verfolgt ein nachhaltiges Konzept: Ein Blockheizkraftwerk und eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von zwei Megawatt versorgen in Verbindung mit Geothermie die Produktionsanlagen mit Energie.
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Hightech-Batteriemontage in Kamenz
In dieser Halle werden die Batterien für den Mercedes-CLA zusammengebaut.
Die Mercedes-Benz Tochter Accumotive erstreckt sich über zwei Werksteile mit einer Gesamtfläche von 125.000 Quadratmetern.(Bild: Mercedes-Benz)
Die Fertigungslinie in Sachsen ist 350 Meter lang. Bei Mercedes-Benz spricht man von rund 50 verschiedenen manuellen und hoch automatisierten Montageprozessen.(Bild: Mercedes-Benz)
Eine Vielzahl von Komponenten, Zellmodulen, Kühlplatten und Sensoren werden präzise im Gehäuse implementiert und anschließend mit den Elektronik-Komponenten der Batterie via integrativer Hochvoltverkabelung verbunden.(Bild: Mercedes-Benz)
Mercedes-Benz bietet für alle elektrischen Fahrzeuge aufbereitete Batterien als Ersatzteil an. Das sogenannte „Battery ReUse Center Europe“ verantwortet künftig werksseitige Reparaturlösungen für frühere Mercedes-Benz Batteriegenerationen.(Bild: Mercedes-Benz)
Die Dramaturgie der wichtigen Standorte für Komponenten des neuen Mercedes-Benz CLA.(Bild: Mercedes-Benz)
Herzstück des CLA kommt aus Kamenz
Bei der neuen Batteriegeneration, wie sie im CLA zum Einsatz kommt, handelt es sich um eine 800-Volt-Elektroarchitektur mit innovativer Batteriechemie. Diese soll Mercedes zufolge deutlich verkürzte Ladezeiten ermöglichen. So soll der neue CLA 250+ mit EQ Technologie in nur zehn Minuten Energie für bis zu 325 Kilometer Reichweite nachladen können. Gesamt gibt Mercedes für den CLA 250+ eine maximale Reichweite von bis zu 792 Kilometern an. „Diese beeindruckende Effizienz und Alltagstauglichkeit haben ihren Ursprung in der Batterie – dem Herzstück des neuen CLA – und sie kommt aus Kamenz. Mit dem CLA haben wir unsere Produktion auf ein neues Niveau gehoben", so Jörg Burzer.
Ab 2026 erfolgt die Aufbereitung gebrauchter Batterien
Mercedes-Benz hat jedoch noch weitere Pläne mit dem Standort Kamenz. Accumotive soll sein Produktionsportfolio im kommenden Jahr erweitern und zusätzlich zur Montage der neuen Batteriegeneration die Aufbereitung gebrauchter Batterien verantworten, die als Ersatzteile dienen werden. Das sogenannte Battery ReUse Center Europe wird künftig werksseitige Reparaturlösungen für frühere Batteriegenerationen des OEMs verantworten, die im Aftersales-Netzwerk von Mercedes wiederverwendet werden.
Mit seinem Ansatz Design for Circularity berücksichtigt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge von Anfang an die gesamte Wertschöpfungskette der Batterietechnologie. Im 2024 eröffneten Mercedes-Benz eCampus in Stuttgart-Untertürkheim fließe der Kreislaufgedanke bereits bei der Entwicklung neuer Batteriezellen ein, heißt es bei Mercedes. Angelehnt an die Vorgaben der Serienproduktion, werden die Batterien ausführlich auf ihre Funktion und Qualität geprüft. Zu diesem Zweck soll ein bestehendes Gebäude auf dem Werksgelände umgebaut und erweitert werden. Die Arbeiten dazu haben bereits begonnen. Die Inbetriebnahme der Anlagen ist dem OEM zufolge für Anfang 2026 geplant.