
Figure AI soll in BMW-Werken unterstützen. (Bild: BMW)
Die Automobilproduktion steht vor einem entscheidenden Wandel: Humanoide Roboter und ihre Integration mit künstlicher Intelligenz verändern die Produktionsumgebungen grundlegend. Was einst industriellen Robotern mit stark begrenzten, sich wiederholenden Aufgaben vorbehalten war, wandelt sich nun zur Ära menschenähnlicher Maschinen mit Geschicklichkeit, kognitivem Lernen und autonomen Entscheidungsfähigkeiten.
Besonders hervorzuheben ist BMWs Partnerschaft mit dem US-Startup Figure AI. In realen Produktionsumgebungen testet BMW den Einsatz humanoider Roboter, um Flexibilität zu erhöhen, Arbeitskräftemangel abzufedern und Aufgaben zu automatisieren, die bisher außerhalb der Reichweite klassischer Automatisierung lagen. Diese humanoiden Roboter sollen schon bald fester Bestandteil der Produktion werden. BMW-Produktionsvorstand Milan Nedeljković betonte: „Die Entwicklungen in der Robotik sind vielversprechend. Mit ersten Tests untersuchen wir aktuell die Einsatzmöglichkeiten humanoider Roboter in der Produktion. Wir wollen diese Technologie von der Entwicklung bis zur Industrialisierung begleiten.“
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Ein Technologiesprung für die Produktion
Klassische Industrieroboter sind seit Jahrzehnten in der Automobilproduktion im Einsatz – beim Schweißen, Lackieren oder Montieren. Doch sie operieren auf Basis starrer Programmierung in stark strukturierten Umgebungen. Humanoide Roboter mit fortschrittlicher KI, maschinellem Sehen und komplexen Aktuatoren läuten nun einen Paradigmenwechsel ein.
Diese neuen Roboter sind in der Lage, in unstrukturierten Umgebungen zu navigieren, Aufgaben ohne aufwändige Programmierung zu erlernen und direkt mit Menschen zu interagieren – weit über die Möglichkeiten heutiger kollaborativer Roboter (Cobots) hinaus. Sie schließen Automatisierungslücken, etwa bei komplexen Montageschritten oder dynamischer Zusammenarbeit mit Werksmitarbeitern. Carolin Richter, Leiterin für Next-Generation Robotics bei BMW, sagte dazu im Interview auf der Automotive Logistics & Digital Strategies Europe: „Generative KI bietet uns das Potenzial, Aufgaben zu automatisieren, die bislang als unmöglich galten.“
Roboter gegen den Fachkräftemangel
BMW gehört zu den ersten großen OEMs, die humanoide Roboter unter realen Bedingungen einsetzen. In Zusammenarbeit mit dem kalifornischen Robotikunternehmen Figure AI wird der humanoide Roboter Figure 02 im US-Werk Spartanburg getestet. Dieser Einsatz ist Teil der iFactory-Initiative, mit der BMW eine digitalisierte, nachhaltige und flexible Produktion verfolgt.
Die Roboter übernehmen Aufgaben wie das millimetergenaue Einsetzen von Blechteilen in Vorrichtungen – eine Aufgabe, bei der traditionelle Roboterarme oft an ihre Grenzen stoßen. Damit adressiert BMW auch den Fachkräftemangel und gewinnt gleichzeitig an Agilität. Richter erklärt: „Wir stellen uns eine Zukunft vor, in der Roboter ohne Programmierung trainiert werden – etwa über Sprachbefehle oder Imitationslernen.“ Außerdem denkt BMW darüber nach, auf nicht-zweibeinige Roboter auf mobilen Plattformen zu setzen – das vereinfacht die Zertifizierung, verbessert die Akkulaufzeit und erhöht die Tragkraft.

Wir glauben, dass wir in den nächsten vier Jahren bis zu 100.000 Roboter ausliefern können.
100.000 humanoide Roboter geplant
BMW ist nicht der einzige Kunde: Im Januar 2025 meldete Figure-AI-Gründer Brett Adcock, dass ein weiterer Großkunde – eine der größten US-Firmen – einen Vertrag unterschrieben habe. Der kommerzielle Einsatz humanoider Roboter nimmt rasant Fahrt auf. „Unsere Roboterflotte bei BMW führt bereits End-to-End-Aufgaben durch“, sagte Adcock. „Das ermöglicht hohe Stückzahlen, senkt die Kosten und verbessert das KI-Datenfundament.“
Anfang Februar 2025 folgte ein Paukenschlag: Adcock kündigte die Beendigung der Kooperationsvereinbarung mit OpenAI an – Figure habe einen Durchbruch bei der End-to-End-KI für Roboter erzielt, vollständig intern entwickelt. „In den nächsten 30 Tagen zeigen wir etwas, das es so noch nie bei humanoiden Robotern gab.“ Gleichzeitig arbeitet BMW an einer eigenen Smart Robotics Platform, die humanoide Roboter in bestehende Systeme integriert – unabhängig vom jeweiligen Anbieter.
KI als Schlüsseltechnologie der humanoiden Robotik
Die rasante Weiterentwicklung der KI ist der Haupttreiber der humanoiden Robotik. Im Gegensatz zu klassisch programmierten Industrierobotern nutzen moderne humanoide Roboter maschinelles Lernen, Sprachverarbeitung und generative KI. Diese Technologien ermöglichen es, komplexe Aufgaben zu analysieren, Muster zu erkennen, Entscheidungen vorherzusagen und sich in Echtzeit an das Umfeld anzupassen. BMW-Expertin Carolin Richter bringt es auf den Punkt: „Mit generativer KI schließen wir Lücken, die klassische Automatisierung nie erreichen konnte.“
Gerade in variablen Montageumgebungen – mit unterschiedlichen Modellen, Kundenwünschen und Stückzahlen – bietet diese neue Robotergeneration enorme Vorteile. Figure AI arbeitet aktuell an einem Modell, das Robotern beibringt, hochperformante Aufgaben zu erlernen – rein KI-basiert. Adcock: „Letzte Woche startete unser neuronales Netzwerk für den neuen Kunden-Use-Case. Heuristiken wären hier unmöglich – KI ist der einzige Weg. Es fühlt sich an wie Magie!“
Auch Tesla, Mercedes-Benz und China sind dabei
Neben BMW investieren auch andere OEMs massiv in humanoide Robotik:
- Tesla entwickelt mit Optimus einen eigenen humanoiden Roboter, der in den Gigafactories repetitive und körperlich anstrengende Aufgaben übernehmen soll. Elon Musk sieht darin eine Lösung gegen Fachkräftemangel
- Mercedes-Benz testet gemeinsam mit Apptronik humanoide Roboter für Aufgaben mit hoher Fingerfertigkeit, wie Materialhandling und Qualitätskontrolle. Aus der Kooperation ist der menschlich wirkende Roboter Apollo entstanden, der aktuell in der Mercedes-Produktion autonome Fähigkeiten trainiert
- Chinesische Hersteller wie BYD und Geely treiben humanoide Robotik in der EV-Produktion voran – China will in dem Bereich zum globalen Innovationsmotor werden
Herausforderungen: Kosten, Sicherheit, Akzeptanz
Trotz des Fortschritts gibt es zentrale Herausforderungen:
- Kosten und ROI: Die Entwicklung humanoider Roboter erfordert hohe Investitionen – eine fundierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist essenziell
- Sicherheit: Mensch-Roboter-Interaktion muss durch Sensorik und Sicherheitsprotokolle gewährleistet sein
- Transformation der Belegschaft: Neue Aufgabenprofile erfordern Qualifizierungsmaßnahmen für bestehende Mitarbeiter
- Technische Hürden: Es gibt noch Einschränkungen bei Feinmotorik, Batterieleistung und Entscheidungen unter unvorhersehbaren Bedingungen
Die autonome Fabrik rückt näher
Trotz Herausforderungen ist die Richtung klar: Humanoide Roboter werden in den nächsten Jahren immer stärker zum Rückgrat der Produktion:
- Mehr KI-Autonomie: Roboter diagnostizieren, lernen und adaptieren Prozesse selbstständig.
- Bessere Zusammenarbeit mit Menschen: Neue Interaktionsmodelle ermöglichen echtes Teamwork.
- Skalierung: Immer mehr OEMs werden humanoide Roboter in Serie einsetzen.
Die Automobilindustrie ist seit jeher Vorreiter in der Automatisierung – humanoide Roboter sind der nächste Evolutionsschritt. OEMs wie BMW, Tesla und Mercedes-Benz zeigen: Die autonome Fabrik, in der KI-gesteuerte Roboter eigenständig arbeiten, ist keine Vision mehr, sondern greifbare Realität.
Dieser Artikel erschien zuerst bei automotive manufacturing solutions.